Das Allianz-Stadion, die Heimstätte des SK Rapid Wien, am Dienstagvormittag.
Das Allianz-Stadion, die Heimstätte des SK Rapid Wien, am Dienstagvormittag.
APA/ROLAND SCHLAGER

Wien – Rapid versucht die Phase der Scham zu überwinden. Also luden am späten Dienstagvormittag Präsident Alexander Wrabetz und Vizepräsidentin Edeltraud Hanappi-Egger zu einem Medientermin ins Allianz-Stadion. Es galt, einen Maßnahmenkatalog zu präsentieren, um Homophobie und andere Grauslichkeiten künftig zu verhindern.

Die Vorgeschichte ist traurig legendär, nach dem 3:0 am 25. Februar im Wiener Derby gegen die Austria hatte Geschäftsführer Steffen Hofmann bei Feierlichkeiten mit den Fans die Austrianer als "Arschlöcher" bezeichnet. Co-Trainer Stefan Kulovits sowie die Spieler Guido Burgstaller und Marco Grüll sangen "oarschwarme Veilchen". Thorsten Schick, Maximilian Hofmann und Niklas Hedl grölten dazu.

Der Strafsenat der Fußball-Bundesliga hatte am späten Montagabend strenge Strafen ausgesprochen. Hofmann erhielt eine zweimonatige Funktionssperre (davon ein Monat bedingt), die Kicker müssen bis zu sechs Partien zuschauen (drei davon bedingt). Kulovits darf drei Monate lang (ein Monat bedingt) bei Matches nicht coachen. Bis auf Hofmann müssen alle an Workshops zum Thema Diskriminierung teilnehmen.

Rapid kündigt Protest gegen Spielersperren an.
APA

Wrabetz: Keine homophoben Einstellungen bei Rapid

Wrabetz wollte eigentlich nicht über das Urteil sprechen. Dass aber gegen die Höhen der Spielersperren protestiert wird, konnte er nicht verheimlichen. Der Protest hat allerdings keine aufschiebende Wirkung. "Sie alle haben sich glaubhaft entschuldigt." Er fügte an: "Es ist etwas gravierend schiefgelaufen, wo wir gesagt haben, wir müssen diese Herausforderung annehmen, die Verantwortung übernehmen und daraus lernen." Der Verein sah sich großem Druck der Öffentlichkeit, von Sportminister Werner Kogler (Grüne) und von Sponsoren ausgesetzt. "Wir suchten Gespräche mit den Sponsoren, und sie suchten Gespräche mit uns." Man habe sich somit gefunden. Der Boss stellte klar: "Die Betroffenen haben keine homophoben Einstellungen. Das würden wir auch nicht dulden." Wrabetz wies auf das Leitbild des Vereins hin, in dem von Vielfalt die Rede ist.

Hanappi-Egger, sie ist Rektorin der Wirtschaftsuniversität Wien, sagte, das Leitbild sei offensichtlich nicht so in den Köpfen verankert, wie es sein sollte. "Da es nicht großflächig präsent ist, müssen wir Veränderungen anstoßen und Lernprozesse in Gang bringen." Deshalb wurde ein Maßnahmenkatalog erstellt, der zehn Punkte umfasst. Die wichtigsten sind: Verantwortung übernehmen, Nachschärfung der persönlichen Verantwortung in den Arbeitsverträgen, Sensibilisierung, Stärkung der Zusammenarbeit mit einschlägigen Institutionen. Vermittlung der Werte in der Nachwuchsarbeit. Positive Anreize für Initiativen gegen Homophobie, Sexismus und Diskriminierung setzen. Forcierung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Antidiskriminierung im Fußballsport. "Rapid muss seine Strahlkraft nützen." Wrabetz ergänzte: "Wir haben eine tolle Fanszene. Es ist gelungen, Rechtsextremismus und Antisemitismus zu verbannen."

Vizepräsidentin Edeltraud Hanappi-Egger will einen Kulturwandel in ihrem Verein.
APA/ROLAND SCHLAGER

Männerfußball und die Brutalität

Bleibt also die Homophobie. Im Frauenfußball ist sie kein Thema, Spielerinnen outen sich ohne Tamtam, sie haben keine negativen Folgen zu befürchten. Hanappi-Egger kennt die Gründe. "Männerfußball funktioniert über Brutalität, Stärke, jeder zeigt, dass man ein richtiger Mann ist. Das gehört geändert. Ich halte Outings für sinnvoll. Leider spricht man nur über Homosexuelle und nicht mit ihnen." Die Vizepräsidentin hofft, dass sich in zehn Jahren etwas geändert hat. "Es gibt ja viele homosexuelle Rapid-Fans." Abgesehen davon sei es positiv, "dass die Sponsoren uns Fragen gestellt haben".

Wrabetz hat auch sportliche Sorgen. Am Sonntag kickt Rapid in der letzten Runde des Grunddurchgangs bei der Austria Klagenfurt, ein Unentschieden würde beiden reichen, um aus eigener Kraft die Meisterrunde zu erreichen. Die fünf singenden bzw. grölenden Spieler sind im Showdown gesperrt. Intern wurden sie übrigens nicht bestraft. Der Präsident glaubt trotzdem an ein Gelingen. "Rapid ist am stärksten, wenn wir vor besonderen Herausforderungen stehen." Hanappi-Egger nickte. (Christian Hackl, 5.3.2024)

Rapids Zehn-Punkte-Plan: