Otfried Preußler.
Der 2013 verstorbene Kinder- und Jugendbuchautor Otfried Preußler im Jahr 1993. Achtung, Trigger-Warnung: In seinen Büchern kommen Hexen, Magie und Geister vor. Auch am Watschenbaum wird gerüttelt.
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Als Moral getarnte Rechtschaffenheit und Dummheit verstehen sich gut. Man kann das vor allem in diversen Werken der Weltliteratur nachlesen. Der 2013 verstorbene bayerische Schriftsteller Otfried Preußler hat diesbezüglich mit seinen Kinder- und Jugendbüchern einige Lernhilfen beigesteuert. Neben den Romanen um den sympathisch anarchistischen und gegenüber Autoritäten aufsässigen Räuber Hotzenplotz seien etwa auch Das kleine Gespenst, Die kleine Hexe oder sein eher für große Kinder geeignetes Hauptwerk Krabat erwähnt.

Im 1971 erschienenen, düster gehaltenen Krabat schildert Preußler autobiografisch angehaucht die Geschichte eines Waisenjungen, die Beschäftigung mit schwarzer Magie und seinen Kampf um Freiheit. Laut Spiegel lässt sich das Buch "als Allegorie lesen über die Verstrickungen seiner eigenen Generation in den Nationalsozialismus". Immerhin liebäugelte der 1923 im tschechischen Liberec geborene Sudetendeutsche in jungen Jahren nicht nur mit dem Deutschtum im damaligen Jungturnerbund und war später in der Hitlerjugend aktiv. 1940 entstanden so auch die dem Völkischen zugeneigten Texte Lieber Soldat! und Erntelager Geyer. Nachdem Preußler aber gegen Kriegsende als Soldat in Russland gefangen genommen worden und erst 1949 aus der Gefangenschaft zurückgekehrt war, war er auch von den "Ideen" des Nationalsozialismus gründlich geheilt.

Preußler war in Bayern ab 1955 Lehrer und später bis 1970 Schuldirektor – und er begann, pädagogisch durchaus wertvoll, seine Geschichten von Außenseitern zu entwickeln. Die Themen kreisten zeitlos um den Kampf zwischen Gut und Böse, das Hochhalten der Freundschaft, die Auflehnung gegenüber Autoritäten, um Mut und Selbstbestimmung.

Ausgerechnet die im Alter von 17 Jahren verfassten literarischen Jugendsünden, die er sehr wahrscheinlich aus Scham zeitlebens verschwiegen hat, sind Preußler nun posthum zum Verhängnis geworden. Auf Bestreben des Direktors des erst 2014 so benannten Otfried-Preußler-Gymnasiums im bayerischen Pullach wird im Einvernehmen mit dem Elternverein und dem Gemeinderat der Ehrentitel der Schule aberkannt. Zu allem Übel habe Preußler, so der Vorwurf, in seinen Büchern immer wieder auch Hexerei und Magie beschrieben sowie Gewalt als Konfliktlösungsmodell dargestellt. Seine Bücher seien deshalb für Gymnasiasten nicht geeignet. In deutschen Medien gehen die Wogen hoch. Da hat die Cancel-Culture wohl über das Ziel geschossen. Möge sie der böse Zauberer Petrosilius Zwackelmann holen! (Christian Schachinger, 6.3.2024)