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Die Sanktionierung Rapids wegen Diskriminierung beziehungsweise Verletzung des Fair-Play-Gedankens ging deutlich über jene bedingte Sperren hinaus, die ein ähnlicher Fall in Frankreich nach sich gezogen hatte.
APA/ROLAND SCHLAGER

Für Fußballrekordmeister Rapid geht es am Sonntag in Klagenfurt um viel. Nämlich um den Verbleib unter den Top Sechs, also um das Erreichen der Meisterrunde. Ob und wie die Hütteldorfer verkraften, dass sie just in diesem Spiel gleich mehrere Stammkräfte vorgeben müssen, bleibt abzuwarten. Immerhin die Sperre von Goalie Niklas Hedl wurde am Freitag in eine rein bedingte umgewandelt, im Gegensatz zu Hedl allerdings müssen Guido Burgstaller, Marco Grüll, Maximilan Hofmann und Thorsten Schick in Klagenfurt tatsächlich zusehen.

Rapid hatte am Tag nach dem Urteil des Bundesliga-Strafsenats einen eigenen Zehnpunkteplan präsentiert, mit dem der Verein künftig Homophobie und Diskriminierung entgegentreten will. Wäre es nicht klüger gewesen, Rapid hätte Co-Trainer Stefan Kulovits und die Spieler, die nach dem Wiener Derby homophobe Sprechgesänge an- beziehungsweise in sie eingestimmt hatten, auch selbst sanktioniert – vielleicht sogar vor dem Bundesliga-Urteil? Christian Reiter, unter anderem auf Sportfragen spezialisierter Rechtsanwalt in St. Pölten, würde das verneinen. "Ich denke nicht, dass das von der Bundesliga festgesetzte Strafausmaß dadurch geringer geworden wäre. Das funktioniert im Normalfall nicht, man kann sich ja nicht freikaufen."

Geprägt von der Umgebung

Im Gegensatz zu anderen Ansichten, die in den vergangenen Tagen kursierten, vertritt Reiter die Meinung, das "Rapid-Urteil" werde im europäischen Fußball keine Präzedenzfallwirkung erzielen. "Es wird auch künftig immer der Einzelfall zu bewerten sein. Das ist sicher keine Leuchtfeuerentscheidung."

Die Sanktionierung der Rapidler durch die Bundesliga geht jedenfalls insgesamt deutlich über rein bedingte Sperren hinaus, wie sie nach einem ähnlichen Fall in Frankreich ausgesprochen worden waren. Kulovits bekam wegen Diskriminierung (Paragraf 112) eine dreimonatige Funktionssperre, davon zwei Monate unbedingt. Burgstaller ist wegen Diskriminierung für sechs Pflichtspiele gesperrt (drei unbedingt), Grüll und Schick für jeweils fünf (zwei unbedingt), Hofmann wegen Verletzung des Fair-Play-Gedankens (111a) für drei Spiele (eines unbedingt), Hedl ebendeshalb für drei Spiele bedingt.

Christian Reiter: "Man kann sich ja nicht freikaufen."
privat

Einen großen Unterschied macht für den Juristen und früheren Vizepräsidenten des niederösterreichischen Skiverbands, ob einem Beschuldigten auch ein Kalkül nachzuweisen ist. Das würde Reiter im Fall der Rapid-Spieler praktisch ausschließen. Diese hätten "nicht bezweckt, Homosexuelle zu diskriminieren", sondern einfach nicht weiter oder gar nachgedacht. Sie wären, wie andere auch, "geprägt von der Umgebung und auch von der Zeit, in der sie aufgewachsen sind. Und in der leider oft Dinge gesagt wurden, über die man leider nicht weiter nachgedacht hat." Klarerweise und glücklicherweise habe "eine Weiterentwicklung stattgefunden", deshalb sei es heute auch "keine Frage mehr, dass hier eben eine diskriminierende Herabwürdigung stattgefunden hat".

Vorbildliche Bayern-Fans

Was die Umgebung der Spieler angeht – da gehören auch die Fankurven in diversen Stadien dazu. Einigen dieser Fankurven, wohlgemerkt nicht nur bei Rapid, sind homophobe Gesänge nicht völlig fremd. Auch hier will Rapid den Hebel ansetzen. Diesbezüglich gibt es durchaus Vorbilder.

So hatten sich etwa Anhänger des FC Bayern München vor einigen Monaten mit einem Spruchbanner sogar an einen Bayern-Spieler gewandt. "Alle Farben sind schön. In Toulouse, München und überall. Respektiere unsere Werte, Mazraoui", stand auf dem Banner. Zuvor hatte der marokkanische Bayern-Verteidiger Noussair Mazraoui via Instagram Verständnis für seinen Nationalteamkollegen Zakaria Aboukhlal geäußert, als sich dieser von einer Kampagne gegen Homophobie distanzierte. (Fritz Neumann, 8.3.2024)