David Scheid Dave Kifferkönig Netflix
Viel Qualm und Haar rund ums Gesicht: So kennt man David Scheid in seiner Paraderolle als Dave.
Jan Frankl

Wenn David Scheid einen in der Garderobe des Wiener Stadtsaals zum Interview begrüßt, kann man sich mittlerweile aussuchen, welchen Typ man dort treffen will: David Scheid, den Hip-Hop-DJ-Dude, der lässig die Haxn auf die Couch wirft und von "Samples", "Auflegerei" und DJ-Equipment, vulgo "Klumpert", fachsimpelt; die Kunstfigur "Dave", die in der gleichnamigen Fernsehsatire Einblick in ihr räudiges Dasein zwischen "Rich Kid"-Selbstüberschätzung, Plan- und Obdachlosigkeit gibt; oder ganz neu: David Scheid, den ernsthaften Schauspieler, der in dem tieftraurigen Spielfilmdrama Des Teufels Bad einen Bauern im 18. Jahrhundert verkörpert. Egal, wen man trifft, alle drei Typen passen, sind authentisch, begrüßen einen herzlich und mit einem kindlichen Kichern – die sich dabei oft überschlagende Stimme: ein Markenzeichen David Scheids.

Das neue Bühnenprogramm von David Scheid heißt "Dave on Stage (und Jan)".
Jan Frankl

Premiere im Stadtsaal hat er an diesem Abend mit der Show Dave on Stage (und Jan) – einem Ableger der erfolgreichen Fernseh-Mockumentary-Satire Dave. Diese war wiederum ein Spin-off aus der längst abgesetzten ORF-Sendung der Satirewebsite Die Tagespresse. Mit "und Jan" ist deren damaliger Regisseur Jan Frankl gemeint, der als einer der Ersten das Potenzial David Scheids erkannte und beschloss, sich mit ihm auf ein Packl zu hauen. In Dave agiert Jan als Kameramann und ist als vernunftbegabtes Gegenstück zum Lotterlebemann Dave nur als Stimme aus dem Off zu hören. Jetzt, auf der Bühne, wird Jan zum Sidekick, eine klassische Komödienpaarung, die vom Gegensatz lebt.

Fetzendeppert lustig

Die vom ORF zuerst nur zögerlich vorangetriebene Erfolgssendung ist dank David Scheids geschickter Managerin mittlerweile auch auf Netflix zu sehen. In Dave erlebt man David Scheid als wohlstandsverwahrlosten Kifferkönig, der seine Verpeiltheiten mit kübelweise Energydrinks kuriert und dabei vor allem eines ist: richtig schön grindig und fetzendeppert lustig.

"Es steckt schon reale Lebenserfahrung drin", sagt der 1983 in Wien Geborene im STANDARD-Gespräch. Scheid erzählt vom Aufwachsen im niederösterreichischen Weinviertel, wo er zwischen Moped, Jugendzentrum und Fußballplatz alles gelernt habe, was ihn heute auszeichne – den Dialekt zum Beispiel "hab ich unter den Hieben der Mitschüler eingetrichtert bekommen". Dabei bleibt Dave Kunstfigur, ist von David Scheid klar zu trennen. Wohlstandsverwahrlost sei er nämlich nicht, "nur verwahrlost", sagt er und meint die langen Zotteln rund ums Gesicht, längst eines seiner Verkaufsargumente. Reiche Eltern wie bei Dave gab’s im realen Leben nicht, es war "eine bodenständige Familie, die weiß, dass man hackeln muss für sein Geld. Niemand bei uns hat irgendwas in den Oarsch g’schoben kriegt."

Nach der Schule arbeitete Scheid als Landschaftsgärtner, nebenbei gab’s "ein bissl Auflegerei", erste Rap-Texte, irgendwann über einen Tipp dann auch Poetry-Slam: "Ich hab geglaubt, das ist so was oh wow Hochliterarisches. Und dann hab ich gesehen, dass das eh anders auch geht." Mit Schmäh nämlich.

Nach seinem Sieg beim Grazer Kleinkunstvogel-Wettbewerb entstand 2016 das erste Kabarettprogramm, in dem Scheid als Alleinstellungsmerkmal DJ, Rap und Lustigsein vermischt. "Und dann ist alles ziemlich schnell gegangen."

Eine ernste Schauspielrolle wie jetzt in Des Teufels Bad zu übernehmen sei ein langgehegter Wunsch gewesen. Zum Casting wurde er u. a. deshalb eingeladen, weil Dave ähnlich wie Des Teufels Bad auf teils improvisierten Dialogen beruht. Zugetraut habe Scheid sich ernste Rollen immer, "weil ich das sogar leichter finde als das Lustige". Nur den oberösterreichischen Dialekt musste er sich für den düsteren Historienfilm rund um Depression und religiösen Wahn im 18. Jahrhundert erst noch anlernen. Dafür hat Scheid sich mit der Schauspieldoyenne Maria Hofstätter eine Woche lang auf einem echten Bauernhof eingelebt.

Des Teufels Bad - Trailer
Filmladen Filmverleih

Aus der Tiefe schöpfen

Im Film verkörpert Scheid den mit den gesellschaftlichen Umständen überforderten Ehemann seiner Filmpartnerin Anja Plaschg. Über den ausgestellten Grind und Graus im Film schließt sich der Kreis zurück zu Dave. "Es nimmt einen schon mit, wenn man immer aus der Tiefe schöpft", sagt Scheid, "manchmal würde ich mich ja gern vom deepen, österreichischen Grindhumor lösen. Aber es geht nicht, es ist zu tief in mir drin."

Mit einem Gott des Grindhumors, Kabarett-Urahn Helmut Qualtinger, kann sich David Scheid gut identifizieren – wenngleich er, Scheid, erst später in seiner Karriere draufgekommen ist, dass es da Anknüpfungspunkte gibt.

Wohin die Reise noch gehen könnte? "Gerne mehr Schauspielerei, vielleicht ein Rap-Album, sicherlich weiter Auflegen und Kabarett, aber vielleicht auch Drehbücher, oder vor der Pension dann: Regie."

An diesem Abend im Stadtsaal wird Dave on Stage jedenfalls ein Start-Ziel-Sieg: Dave (und Jan) beim Tag- und Nachtträumen in der Kifferhöhle. Helmut Qualtinger hätte darauf ein Vierterl genommen. (Stefan Weiss, 13.3.2024)