Niederösterreich ist ein Flächenbundesland, das von Bahn und Linienbussen nicht bis in alle Ecken erschlossen werden kann. Der Spruch "Wer auf dem Land lebt, braucht ein Auto" ist hier noch wahrer als in anderen abgelegenen Regionen Österreichs. Menschen ohne direkten Zugriff auf einen Pkw – sozial Schwächere, Frauen mit Betreuungspflichten, alte Menschen und Jugendliche etwa – sind auf das Entgegenkommen von Autobesitzenden angewiesen oder in ihrer Mobilität eingeschränkt.

Taxis parken in einer Kleinstadt
Rufsammeltaxis funktionieren meist mit Kleinbussen, weil sie pro Fahrt gleich mehrere Passagiere befördern.
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Eine Lösung für diese Probleme bieten Anrufsammeltaxisysteme, von denen es niederösterreichweit inzwischen 22 gibt. Die meisten von ihnen funktionieren in Zusammenarbeiten mit dem Verkehrsverbund Ostregion (VOR), Autos und Fahrer kommen meist von lokalen Taxiunternehmen.

Nach einem Anruf oder der Buchung auf einer App soll ein Wagen binnen 30 Minuten vor Ort sein. Jeweils mit mehreren Fahrgästen an Bord fährt er Haltestellen innerhalb des Bedienungsgebiets an. Etwa auch bei den VOR-Bahnhöfen, was die Sammeltaxis für Pendlerinnen und Pendler zu einem interessanten Angebot macht.

Zuschlag für Bequemlichkeit

Sie holen die Fahrgäste vielfach sogar daheim ab und bringen sie oft auch wieder direkt nach Hause: eine Bequemlichkeit, die sonst nur ein Einzeltaxi bietet, wenn auch um weit mehr Geld. Dieser Komfort wird den beteiligten Taxiunternehmen mittels eines sogenannten Komfortaufschlags von bis zu drei Euro pro Fahrt abgegolten.

Um diese Gebühr ist in Niederösterreich nun ein politischer Streit ausgebrochen. Besagter Zuschlag nämlich wurde seit April 2023 vom Land Niederösterreich getragen. Die Anrufsammeltaxifahrten wurden entsprechend billiger und damit in Zeiten der allgemeinen Teuerung leistbarer.

Verkündet hatte das noch Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP), der diese Agenden nach dem Arbeitsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ im Land zeitnah an Udo Landbauer (FPÖ) abgab.

System sei "ausgenutzt" worden

Niederösterreichs Landeshauptfraustellvertreter Udo Landbauer (FPÖ)
Strich die Subvention: Niederösterreichs Mobilitätslandesrat und Landeshauptfraustellvertreter Udo Landbauer (FPÖ).
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Was damals jedoch nur wenigen Beteiligten klar war: Das Land hatte die Bezahlung des Komfortzuschlags vorerst nur für ein Jahr übernommen. Anfang 2024 sah Landbauer, der in diesem Bereich Budgethoheit besitzt, keinen Grund, die Subventionierung fortzusetzen. Er kündigte die Vereinbarung auf.

Grund dafür, so ein zuständiger Beamter in der Landesregierung, sei eine "Evaluierung" der Maßnahme gewesen, laut der diese "ineffektiv" gewesen sei. Das System sei ausgenutzt worden. Leute hätten Sammeltaxis nach Hause bestellt, sie dann nicht in Anspruch genommen und die Fahrt nicht storniert.

Helga Krismer, Landessprecherin der niederösterreichischen Grünen, hat einen anderen Erklärungsansatz. Die FPÖ und damit auch Landbauer wollten alle Aufmerksamkeit und verfügbaren Mittel in die Ostumfahrung von Wiener Neustadt stecken, sagt sie. Besagtes Projekt ist wegen der damit einhergehenden Versiegelung von derzeit landwirtschaftlich genutzten Flächen höchst umstritten. Landbauer hat ihm im Jänner 2024 den offiziellen Startschuss erteilt.

Ungewiss, wie es weitergeht

Die Streichung der Landessubvention für die Anrufsammeltaxis rief die Opposition auf den Plan. SPÖ und Grüne protestierten. Sammeltaxis seien Teil einer klimaschonenderen, zukunftsfitten Mobilität, sagt etwa der grüne niederösterreichische Verkehrssprecher Georg Ecker. Ziel sei, "mit dem Klimaticket bis vor die Haustür zu kommen". Das könnten solche Systeme ermöglichen.

Der politische Unmut fand Gehör. Im März beschloss Türkis-Blau die Verlängerung der Komfortaufschlag-Subvention – bis Ende Mai dieses Jahres. Ob danach jede Fahrt mit dem Sammeltaxi für Kunden und Kundinnen um den Betrag der Gebühr teurer erfolgt, ist bis dato unklar.

SPÖ-NÖ-Kommunalsprecher Wolfgang Kocevar kritisiert das. "Mit einmal Hü und einmal Hott verärgert das Land die Öffi-Nutzer und Gemeinden", sagt er. Doch wie es mit der Gebühr weitergeht, war am Mittwoch im Büro des Landesrat Landbauer nicht zu erfahren. Bis Redaktionsschluss gab es auf eine Anfrage des STANDARD keine Antwort. (Irene Brickner, 14.3.2024)