Millionenerbin Marlene Engelhorn
Beim ersten Treffen des "Guten Rats für Rückverteilung" in Salzburg wird die Initiatorin des Projekts, die ihr Millionenerbe in einem demokratischen Prozess loswerden will, kurz dabei sein – danach aber überlässt Marlene Engelhorn die gesamte Entscheidung den 50 für Österreich repräsentativ ausgewählten Ratsmitgliedern.
REUTERS/Lisa Leutner

In zwei Tagen geht es los: Am Samstag treffen einander in Salzburg 50 Menschen, die über 25 Millionen Euro entscheiden sollen. Der von der Wiener Millionenerbin und Aktivistin Marlene Engelhorn initiierte "Gute Rat für Rückverteilung" nimmt nämlich seine Arbeit auf. An sechs Wochenenden wird dieser Bürger:innenrat über Vermögens- und Verteilungsgerechtigkeit diskutieren und die konkrete Verwendung des von Engelhorn abgegebenen Erbes ihrer Großmutter aushandeln – in einem demokratischen Prozess, der Initiatorin Engelhorn besonders wichtig ist für ihr Rückverteilungsprojekt. Am 8. und 9. Juni ist das letzte Treffen geplant, dann wird sich zeigen, auf welche Verwendung des Geldes sich die Gruppe einigen konnte.

So realitätsnah wie möglich

Die Gruppe ist quasi Österreich im Minimundus-Format oder geschrumpft von den 9.159.993 Einwohnerinnen und Einwohnern, die laut Statistik Austria mit Stichtag 1. Jänner 2024 hier lebten, auf 50 Personen über 16, die hier leben und in neun Kriterien dem "großen", echten Österreich entsprechen – mit einer minimalen Abweichung von der Gesamtbevölkerung von im Schnitt 1,5 Prozent, wie das Organisationsteam mitteilte. "Mit diesen 50 Mitgliedern kommt der 'Gute Rat' der Idee des Bürger:innenrats, eine Art 'Mini-Österreich' zu schaffen, so nahe, wie es nur möglich ist", sagte Projektleiterin Alexandra Wang.

Man habe "eine nahezu perfekte Geschlechterparität" erreicht (25 Frauen, 24 Männer, eine diverse Person), auch die Verteilung nach Altersgruppen sei ausgeglichen. Bildungsniveaus, Erwerbsformen und Einkommensverteilung seien so wie Menschen mit Migrationshintergrund oder solche, die nicht in Österreich geboren sind, gut abgebildet und "realitätsnah" berücksichtigt. Um den Rat so inklusiv und barrierefrei wie möglich zu organisieren, wird für vier Ratsmitglieder alles in Dari, Türkisch und Kroatisch gedolmetscht, auch für Kinderbetreuung ist gesorgt.

Ein inhaltlich wichtiges Kriterium wurde im Registrierungsfragebogen ebenfalls erhoben: die Einstellung zur gegenwärtigen Vermögensverteilung. Auch hier ist man im Mini-Österreich ganz nah an Daten aus aktuellen Studien. In der Gesamtbevölkerung halten 75,5 Prozent die Vermögensverteilung für ungerecht, im 50er-Österreich sind es 76 Prozent (38 Personen). Rund ein Viertel beurteilt sie als gerecht (siehe Grafik).

Gefühlte Repräsentation wichtig

Ausgewählt wurden die 50 aus jenen 1.424 Personen, die den zu Jahresbeginn verschickten Fragebogen korrekt ausgefüllt und sich registriert haben. Ein für Bürgerbeteiligungsprojekte erprobtes statistisches Verfahren hat Schieflagen, die sich nach der Anmeldung ergeben haben – etwa eine Überrepräsentanz von Menschen mit hoher Bildung, hohem Einkommen oder aus dem urbanen Bereich und deutlich weniger mit Pflichtschulabschluss – ausgeglichen, erklärt der wissenschaftliche Leiter, Martin Haselmayer vom Foresight-Institut. Eine Abweichung von 1,5 Prozent sei im internationalen Vergleich "hervorragend und eine ausgezeichnete Basis für die Aufgaben des Guten Rats". Neben der statistischen Repräsentation sei für derartige Partizipationsprojekte wichtig, "dass auch außenstehende Menschen den Eindruck haben, in diesem Rat repräsentiert zu werden". (Lisa Nimmervoll, Grafik: Moritz Leidinger, 14.3.2024)

Video: Millionenerbin Engelhorn lässt Bürgerrat 25 Millionen Euro verteilen.
APA