In Kärnten wurde eine Elfjährige mutmaßlich von einem 14-Jährigen vergewaltigt. In Wien war eine Zwölfjährige über Monate Opfer massiven Missbrauchs durch 17 Jugendliche; sie konnte sich nicht dagegen wehren, immer wieder bedrängt zu werden. Wiederum in Wien sorgen immer wieder Jugendbanden, die Unbeteiligte belästigen oder einander bekämpfen, für Aufregung. Man fragt sich in letzter Zeit immer häufiger: Was ist mit Österreichs Kindern und Jugendlichen los?

Oberflächlich betrachtet, könnte man sagen: Im öffentlichen Raum, an bestimmten neuralgischen Punkten, lungern zu viele junge Menschen, oftmals junge Männer, mit zu viel Zeit und zu wenig zu tun herum. Da fällt ihnen, zumal im inneren Aufruhr der Pubertätsjahre, allerlei Unsinn, bis hin zum kriminellen Akt, ein. Tatverdächtige bei Vermögens-, Drogen- und Gewaltdelikten werden immer jünger.

Problem ganzheitlich angehen

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat eine politische Antwort, er tut, was Innenminister so tun, er fordert ein generelles Waffenverbot im öffentlichen Raum. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) unterstützt ihn dabei. Das ist ein Weg, mit einem Problem umzugehen. Ein anderer ist, es ganzheitlich anzugehen. Dass der 22. Bezirk nun ein Pilotprojekt gestartet hat, um sich besser um Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit zu kümmern, ist lobenswert. Das kann freilich nicht mehr als ein Anfang sein.

Kind steht am Fenster und verdeckt die Augen mit den Händen. 
Zahlreiche Studien zeigen, dass es Österreichs Kindern und Jugendlichen nicht gutgeht.
Thomas Trutschel/photothek.de vi

Gewaltausbrüche sind nur Symptom einer Krankheit, die Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit heißt. Vielen fehlt die Idee, was sie mit sich und ihrem Leben anfangen wollen. "Ich geh AMS" ist da nur die logische Antwort auf die Frage, was man einmal werden will. Und es sind tatsächlich keine guten Zeiten für junge Menschen. Da war zunächst die Flüchtlingskrise 2015. Viele, die damals kamen, sind bis heute nicht gut integriert. Es fehlten die Mittel – und oftmals auch der Wille –, sich mit diesen "Neuen", die ins Land kamen, auseinanderzusetzen.

Die Folgen von Planungsfehlern

Die Corona-Pandemie mit ihrem zeitweiligen Knock-out des Schulsystems erzeugte Lerndefizite, die bis dato nie ganz aufgeholt wurden. Dazu kamen Fehlplanungen von langer Hand – überall fehlte es plötzlich an Personal. Sozialarbeiter und Psychologinnen an Schulen? Die Planposten wären da, allein – es fehlt vielerorts an Menschen, die diese besetzen könnten. So greift ein Versäumnis ins andere – überall fehlen Zeit und Ressourcen, um sich mit den individuellen Nöten junger Menschen auseinandersetzen und ihnen helfen zu können.

Wien muss sich umfassend um seine Kinder und Jugendlichen kümmern. Ein wichtiger Schritt ist sicherlich die Jugendstiftung, die Ludwig bei der Klausur der Wiener SPÖ ins Leben gerufen hat. Sinnvolle, am besten auch sinnstiftende Beschäftigung ist ein Weg aus Fadesse und Perspektivlosigkeit. Das allein wird freilich nicht reichen: Man muss in die dichtbesiedelten Wohnviertel hineinsehen und -hören, mit Schulen eng kooperieren und die psychosoziale und psychiatrische Betreuung ausbauen.

Dies alles gilt nicht nur für Wien. In der Hauptstadt ballt sich nur, allein aufgrund der Bevölkerungsdichte, vieles, was auch im Rest des Landes nicht optimal läuft. Österreichs Kindern und Jugendlichen geht es nicht gut, das zeigen auch zahlreiche Studien. Es liegt an allen, das zu ändern. (Petra Stuiber, 17.3.2024)