Ein Firmenschild der Signa
Am Handelsgericht Wien werden die Gläubiger am Nachmittag über den Sanierungsplan abstimmen.
APA/dpa/Marcus Brandt

Am Montag, nach Mittag, wird es ernst. Da werden sich alle Blicke auf das Handelsgericht Wien richten, wo im siebenten Stock in den größten Verhandlungssälen des Hauses Wirtschaftsgeschichte geschrieben wird. Die Gläubigerinnen und Gläubiger der wichtigsten Signa-Gesellschaften Prime und Development kommen dort um 13 beziehungsweise 15 Uhr (Development) zusammen, um über den Sanierungsplan abzustimmen, den Prime-Sanierungsverwalter Norbert Abel und Development-Sanierungsverwalterin Andrea Fruhstorfer ausgearbeitet haben. Sie schlagen ja eine Treuhandlösung vor: In dem Fall wird das gesamte Vermögen der beiden Gesellschaften einem Treuhänder übergeben und Schritt für Schritt und zur Gänze verwertet, die Frist dafür kann bis zu fünf Jahre betragen.

Der gesamte Erlös geht an die Gläubigerinnen und Gläubiger, die Gesellschaft bleibt so lange aber bestehen. 30 Prozent winken den Gläubigern, wie es im Sanierungsplan heißt – allerdings ist in jenem der Signa Prime auch zu lesen, dass die Gesellschaft auch für die Treuhandsanierung noch frisches Geld braucht. Als Treuhänder würden Abel und Fruhstorfer agieren, sie kennen die Gesellschaften bereits gut, ebenso die höchst umfangreichen Akten.

Frisches Geld für die Prime?

Was in den Augen mancher Experten für die Sanierungstreuhandlösung spricht: In dem Fall könnte es leichter gelingen, eine Bank oder einen anderen Finanzier zu finden, die oder der bereit ist, Geld für einen Massekredit springen zu lassen. Seit Monaten wird ja nach jemandem gesucht, der frisches Kapital bringt – bei der Prime bislang vergeblich. Bei der Signa Development hat eine dem Investor Hans Peter Haselsteiner zuzurechnende Gesellschaft 25 Millionen Euro als Massekredit eingeschossen. Und am Montagmittag berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass die Logistikholding Kühne rund um den gleichnamigen Signa-Investor in Verhandlungen stehe, der Prime einen Massekredit von mehr als hundert Millionen Euro zur Verfügung zu stellen – das ließ sich aber zunächst nicht verifizieren.

Lehnen die Gläubiger das Treuhandsanierungsverfahren ab, so ist das weitere Schicksal von Prime und Development auch besiegelt: Es folgt der Konkurs, den Masseverwalter und Handelsgericht Wien abwickeln müssten.

Für die Abstimmung ist sozusagen eine doppelte Mehrheit nötig: Mehr als 50 Prozent der Gläubiger müssen dem Sanierungsplan zustimmen, zudem braucht es mehr als 50 Prozent der angemeldeten Forderungen. Deren Höhe ist beträchtlich: Bei der Prime wurden mehr als zehn Milliarden, bei der Development knapp drei Milliarden Euro angemeldet. Sollte die Auszählung der Mehrheit längere Zeit in Anspruch nehmen, könnte das Gericht die Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses auch verschieben.

Unterschiedliche Gläubigerinteressen

Wie die Sache ausgehen wird, war am Montagvormittag höchst ungewiss und ist nicht vorherzusagen. Die Gläubiger, von denen sich viele durch Kreditschutzverbände und ihre Anwälte vertreten lassen und die aus aller Welt stammen, haben unterschiedlichste Ansichten – abgesehen davon, dass sie alle möglichst viel von ihrem Geld zurückbekommen wollen. Sollte es in einem etwaigen Sanierungstreuhandverfahren gelingen, die Gesellschaften, die unter der Prime und der Development hängen, zu stabilisieren, könnte mehr Geld an die Mütter oben fließen, lautet eines der Argumente für die Treuhandvariante.

Klar war ab dem Ö1-"Morgenjournal" um 7 Uhr nur, dass die Republik Österreich gegen die Treuhandlösung stimmen wird. Das gab der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, bekannt; er hält die Konkursvariante für besser. In dem Fall gäbe es in seinen Augen mehr Transparenz, zudem führte er ins Treffen, dass man ja auch für diese Form der Abwicklung frisches Geld brauche. Ohne selbiges müsste auch ein Treuhänder die Immobilien rasch verkaufen – er sieht also keinen großen Unterschied zu etwaigen Firesales im Konkursverfahren, die weniger Geld bringen als ein strukturierter, kontrollierter Abverkauf des Vermögens.

Sanierungstreuhand bisher selten genutzt

Viel Erfahrung gibt es bei außergerichtlichen Sanierungstreuhandverfahren aber nicht, gewisse rechtliche Unsicherheiten könnten das Verfahren also begleiten. Derartige Sanierungsverfahren sind selten, abgewickelt wurde auf diese Weise beispielsweise der Mischkonzern A-Tec Industries von Mirko Kovats, in dessen Folge die Gläubiger 2012 eine Quote von 39 Prozent erhielten.

Sollte die Sache für eine Treuhandlösung ausgehen, muss noch das Insolvenzgericht seine Bestätigung dazu geben, und letztlich wird auch die Hauptversammlung der jeweiligen Signa-Gesellschaft eingebunden, deren Aktionäre werden ja im April zusammenkommen. Und egal wie die Abstimmung am Montag ausgeht, ist eines klar: Die österreichische Öffentlichkeit und Justiz wird die Signa-Pleite noch lang beschäftigen, viele Jahre lang. (Renate Graber, 18.3.2024)