Die Absätze der Kitten-Heels sind wenige Zentimeter hoch.
Vagabond

Vielen haben sich die letzten Szenen aus dem Film "Barbie" eingebrannt. Wir erinnern uns: Barbie marschiert zu ihrem ersten Termin bei einer Gynäkologin und trägt Birkenstock-Schlapfen an den Füßen. Und dann war da die Schauspielerin Jennifer Lawrence. Sie betrat in Cannes in Flip-Flops den Roten Teppich. Das war im Frühjahr 2023, Bequemlichkeit schlug zentimeterhohe Absätze. "Haben wir uns von den High Heels verabschiedet?", hieß die bange Fragestellung in einem Beitrag von CNN. Weitestgehend ja, dürfte die Antwort heute lauten.

Angedeutet hatte sich diese Entwicklung bereits vor und während der Pandemie: Für jene im Homeoffice waren damals Jogginghosen-Festspiele angesagt. Partner in Crime von Trainingshosen und Hoodies? Bequeme Schlapfen. Die veränderten Bedürfnisse des pandemischen Zeitgeists schlugen sich zeitgleich in Zahlen nieder. Laut Daten des Marktforschungsunternehmens NPD Group gingen die Verkäufe von High Heels im zweiten Quartal des Jahres 2020 um 65 Prozent zurück. Eh klar, wer nur mehr zu Hause herumhängt und keinen Grund zum Feiern hat, braucht keine neuen Absatzschuhe.

Kein Wunder, dass Auftritte von Melania Trump in den von Hurrikan Harvey zerstörten Gebieten in Texas 2021 Fremdscham auslösten. In High Heels ins Katastrophengebiet, die Presse reagierte pikiert. Die Welt ist heute eine andere als jene der legendären Serie "Sex and the City". Deren Protagonistinnen waren mitverantwortlich für den Aufstieg der High Heels Ende der 1990er und in den 2000er-Jahren. Plötzlich wusste ein Massenpublikum, dass Christian Louboutin und Manolo Blahnik Schuhdesigner sind. Und ihre Stilettos das höchste der Gefühle.

Jennifer Lawrence und Justine Ciarrocchi im Mai vergangenen Jahres auf dem Red Carpet von Cannes.
Vianney Le Caer/Invision/AP

Doch der Zeitgeist hat sich verändert. Das bestätigte auch die US-amerikanische Modehistorikerin Valerie Steele. Als sie im Jahr 1999 erstmals einen Birkenstock für eine Ausstellung auswählte, erntete sie für diese Entscheidung noch Unverständnis. "Keine Frau in Lateinamerika würde jemals diese hässlichen Dinger tragen", entrüstete sich ihr gegenüber damals eine brasilianische Journalistin. 20 Jahre später besäßen Birkenstocks und Crocs einen Coolness-Faktor: "Es verändert sich ständig, was wir als hässlich empfinden", erklärte Steele im vergangenen Jahr.

Sind Birkenstocks die Manolos von heute? Die Deutschen machen seit einigen Jahren auch Luxussandalen.
Bitte Rechte (Credit) ergänzen

Auf flachen Sohlen

Die neue Bequemlichkeit scheint Kreise zu ziehen. Gemeinsamer Nenner der momentan gefeierten Schuhmodelle? Die flache Sohle. Ob Cowboystiefel, Ballerinas, Crocs, Timberlands, der Adidas-Gazelle-Sneaker oder die Boots des New Yorker Künstlerkollektivs Mschf – hoch hinaus will momentan offenbar kaum jemand. Eher anders herum wird ein Schuh daraus. Luxusmodehäuser wie Valentino oder Proenza Schouler brachten mit dem einstigen Ökolatschen-Hersteller Birkenstock Designerschlapfen heraus, die Liste der Kooperationspartner des rheinland-pfälzischen Unternehmens? Ziemlich hochkarätig.

Die Frühjahrskollektion von Valentino wurde in Schlapfen präsentiert.
Vianney Le Caer/Invision/AP

Zum bodenständigen Zeitgeist passt eine Liste des Shoppingportals Lyst aus dem vergangenen Herbst. Unter den zehn "hottest products", den gefragtesten Produkten, befanden sich genau vier Schuhmodelle: Sneaker von Adidas, Loafer von Prada, Schlapfen von Ugg und Kitten-Heels von Miu Miu. Deren kleine Absätze? Sind momentan offenbar das höchste der Gefühle.

Besucherinnen der Fashion Week in Kopenhagen setzten im Jänner auf flaches Schuhwerk.
IMAGO/SOPA Images

Dafür scheint das Modell mit dem Miniaturabsatz momentan der Schuh für alle Fälle zu sein. Die Generation Z kombiniert Kitten-Heels übrigens am liebsten mit Caprihosen. Aber das ist wieder ein anderes Thema. (feld, 22.3.2024)