Viele Eltern wünschen sich vor dem Spielzeugkauf eine gute Beratung. Die gibt es beim Onlineshoppen nicht.
Getty Images

Liptauer, Nudelsalat, Soletti und Biskuitroulade waren das Erste, was mir einfiel, als eine Freundin mich vor einiger Zeit zu einer Spielzeugparty einlud. "Wie eine Tupperparty, nur anders", nannte sie es. Ich fühlte mich gleich in meine Kindheit zurückversetzt, in der meine Mutter diese Partys bei uns veranstaltete – nicht nur für die Plastikdosen, auch für Kerzen, Schmuck oder Putzmittel gab es solche Verkaufsabende.

Die liefen immer nach dem gleichen Muster ab: Die Freundinnen und Kolleginnen meiner Mutter trafen sich bei uns im Wohnzimmer, eine Produktberaterin stellte zwei Stunden lang Produkte vor. Meine Schwestern und ich durften dabei sein und freuten uns wie verrückt, weil bei uns daheim so viel los war. Auf dem Tisch standen, wie es sich für die Waldviertler Gastfreundlichkeit gehört, Kuchen, Salate und Brotaufstriche.

Jetzt war es also auch bei mir so weit! Angekommen im Tupperparty-Alter. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich schon vor Aufschnittplatten sitzen. Aber mitnichten! Die Spielzeugparty würde rein digital, nämlich auf Whatsapp, stattfinden, erklärte meine Freundin. Jetzt war ich neugierig. Eine Party im Gruppenchat? Wie sollte das funktionieren?

Verbindung im Chat

Eine Woche vor dem Termin kam von der Vertriebspartnerin, die unsere Party veranstaltete, die Einladung zum Whatsapp-Gruppenchat: Stefanie Weidenauer von Lio’s Kinderzimmer, einem Direktvertrieb für Spielzeug und Kinderbücher aus Ried im Innkreis.

Stefanie Weidenauer bei einer Party von Lios Kinderzimmer
Stefanie Weidenauer bei einer ihrer Partys im echten Leben.
privat

In einer Nachricht, gespickt mit Emojis, erzählte Stefanie uns erst ein wenig über sich und ihre zwei Kinder – Smiley mit Herzchen im Gesicht –, dann gab sie uns ein paar Tipps für die Gruppeneinstellungen. Wem das ständige Gepiepse auf den "Keks-Emoji" gehe, der solle die Gruppe auf stumm schalten; wer die Bilder nicht in der Galerie des Handys gespeichert haben wolle, könne das ausstellen; und zuletzt – und das ist der große Vorteil einer Whatsapp-Party: Wer an diesem Abend keine Zeit habe, könne sich die ganze Präsentation einfach am nächsten Tag in Ruhe anschauen.

"Es gibt kaum noch Spielzeuggeschäfte. Und alles bei Amazon bestellen will ich nicht." Stefanie Weidenauer von Lio's Kinderzimmer

Dann sollten wir, die Teilnehmerinnen der Whatsapp-Verkaufsparty, uns vorstellen: Wie alt sind unsere Kinder, womit spielen sie gerne, und sind wir noch auf der Suche nach einem Geschenk – etwa für einen Geburtstag oder zu Ostern? Ich lese von Karoline und David, Hanna und Tobias, dass die Kinder Tiere mögen, die Feuerwehr, gerne klettern und Türme bauen. Das alles klingt entzückend, eine wirkliche Verbindung zu den anderen entsteht über die schriftliche Vorstellungsrunde nicht. Vielleicht ja später, wenn die Party startet.

Am Abend – mein Sohn ist gerade eingeschlafen – setze ich mich vor mein Handy und steige mit etwas Verspätung in den Chat ein. Stefanie hat uns bereits tagsüber die Spielzeugkataloge als PDF geschickt und stellt jetzt Highlights daraus vor. Am Beginn der Präsentation steht ein Video, in dem sie in die Kamera spricht und uns begrüßt. Endlich wird es etwas menschlicher auf dieser Party! Sie freue sich auf einen schönen Abend, sagt Stefanie im Video, und sei jederzeit für Fragen erreichbar – Schmetterling-Emoji!

Kinder als Spielzeugtester

Endlich geht es los! Stefanie schickt uns Text, Videos und Fotos, stellt Spielzeuge, Bücher und Hersteller vor. Wir sehen ihre eigenen Kinder oder jene von Kolleginnen in Videos oder auf Fotos im Einsatz, wie sie Fahrzeuge testen oder Bücher lesen. Ich entdecke Spielsachen, die ich vorher noch nirgends gesehen habe – etwa ein Bilderbuch, in dem durch Pusten Lichter angehen. Ich sehe schon meinen Sohn vor mir, wie er es durchblättert, und weiß, dass er es lieben wird. Das muss ich bestellen!

Stefanie ist seit Juni 2021 dabei, wie sie mir in einem Telefonat einige Zeit nach der Party erzählt. Die Auswahl und Qualität der Produkte habe ihr damals gefallen. Als junge Mama habe sie sich gute Spielzeuge mühsam im Internet zusammensuchen und dann auch noch Versandkosten dafür zahlen müssen.

"Es gibt so viel Ramsch, der gleich nach dem Kauf wieder kaputtgeht", sagt sie. Im Waldviertel, wo Stefanie zu Hause ist, gibt es zudem kaum noch Spielzeuggeschäfte. Ihr selbst und vielen ihrer Kundinnen sei es wichtig, nicht immer nur bei Online-Retailern wie Amazon zu bestellen. Und sie schätzt, dass es eine Beratung zu den Produkten gibt.

Ostern ist Hochsaison

Der Job im Direktvertrieb sei mit dem Familienleben gut vereinbar, vor allem, wenn die Partys auf Whatsapp stattfinden. Zwar gebe es nach wie vor die Partys in den Wohnzimmern, aber vor allem Mütter mit Baby oder jene Freundinnen, die weiter weg wohnen, fänden die digitale Variante einen guten Ersatz. Auch Playdates seien möglich, also Partys, bei denen die Kinder dabei sein und die Spielsachen gleich ausprobieren können. Drei Viertel ihrer Partys finden jedoch auf Whatsapp statt, erzählt Stefanie. Weihnachten und Ostern seien Hochsaison, da habe sie bis zu acht Partys pro Woche. Ihr Verdienst hängt von der Anzahl und vom Umsatz ihrer Partys ab.

Auf unserer Party nähern wir uns dem Veranstaltungsende, da fällt Stefanie ein Produkt ein, das sie uns noch zeigen will. "Jetzt hätte ich euch die Aktion fast unterschlagen" – ein etwas verlegen kicherndes Smiley. Nur schade, dass solche Floskeln geschrieben nicht ganz so gut funktionieren.

Unsere Bestellungen müssen wir bis fünf Tage später an Stefanie schicken. Ab einem bestimmten Umsatz bekommt meine Freundin, die uns alle eingeladen hat, ein Geschenk. Stefanie fragt uns im Chat, ob wir nicht auch eine solche Party veranstalten wollen. Ich lehne dankend ab.

Als die Party vorbei ist, habe ich schon meinen Pyjama an. Stefanie bedankt sich für "die wunderbare, gemeinsame Zeit" – gefaltete Hände Emoji. Ich bleibe etwas ratlos zurück ob der enthusiastischen Verabschiedung, lege das Handy zur Seite und überlege mir schon, wann ich mal wieder auf eine echte Party gehen könnte. Die Gespräche, das Lachen, die Gestik und Mimik von echten Menschen auf echten Partys gefallen mir dann doch besser. Andererseits, so denke ich mir beim Einschlafen, war ich nach einer Party noch nie so schnell wieder daheim im Bett. Hat auch was. (Bernadette Redl, 30.3.2024)