Schwules Pärchen in Lederhosen hält Händchen
Ob mit oder ohne Lederhosen: Homosexuelle Paare sind tendenziell internationaler, das heißt zumindest ein Teil ist nicht in Österreich geboren.
IMAGO/Sven Simon

Gegensätze ziehen sich an, heißt es. Das mag sein, tendenziell heißt es jedoch: Gleich und Gleich gesellt sich gern – zumindest wenn es um das Beziehungsverhalten der Österreicherinnen und Österreicher geht. Unter welchen Bedingungen Paare hierzulande zueinanderfinden und miteinander auskommen, zeigt die aktuelle Österreich-Erhebung im Rahmen des Generations and Gender Programme der Vereinten Nationen. Zwischen Oktober 2022 und März 2023 wurden mehr als 8.000 Personen zwischen 18 und 59 Jahren befragt.

"Paare in Österreich ähneln sich in vielen Aspekten, wie etwa dem Alter und Bildungsniveau", sagt Bernhard Riederer von Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Wien. Er ist einer der Autoren des Berichts "Familien in Österreich", in dem ausgewählte Ergebnisse der Erhebung zusammengefasst werden. Demnach beträgt bei rund 69 Prozent der Paare der Altersunterschied weniger als fünf Jahre, bei 29 Prozent nur ein Jahr oder weniger. In 48 Prozent der Fälle haben die Partnerinnen und Partner das gleiche Bildungsniveau, in 26 Prozent der Partnerschaften gehören beide Teile auch derselben Berufsgruppe an.

Allerdings gibt es bei genauerer Betrachtung einige Feinheiten. Bei Paaren mit niedrigerem Bildungsniveau sind die Altersunterschiede meist größer, wobei in der Regel der männliche Partner älter ist. Inzwischen steigt laut Riederer aber auch die Zahl der Beziehungen, in denen die Frau das höhere Alter hat. Eine weitere Erkenntnis: Bei den älteren Paaren sind es häufiger Männer, die höheren Bildungs- und Berufsklassen angehören, während es bei den jüngeren Paaren häufiger Frauen sind. Schließlich haben mittlerweile mehr Frauen Universitätsabschlüsse als Männer und müssen daher bei der Partnerwahl eher Kompromisse machen, was das Bildungsniveau angeht. Auch was die Jobposition betrifft, befindet sich nur ein Viertel der Paare auf einer ähnlichen Karrierestufe – hier spiegelt sich, dass generell weniger Frauen in Führungspositionen tätig sind.

Zusammen, aber getrennt

Bei den meisten demografischen Charakteristika unterscheiden sich homo- und heterosexuelle Paare kaum voneinander, sagt Riederer. Eine Ausnahme: Während bei 70 Prozent der heterosexuellen Paare beide Teile in Österreich geboren sind, sind es bei homosexuellen Paaren nur 55 Prozent. Sie sind damit internationaler aufgestellt. Insgesamt gaben 3,3 Prozent der befragten Männer und 2,2 Prozent der Frauen an, bisher zumindest eine gleichgeschlechtliche Beziehung eingegangen zu sein. Aufgrund der geringen Fallzahlen seien Aussagen über homosexuelle Paare jedoch nur eingeschränkt möglich, betonen die Forschenden.

Insgesamt leben 72 Prozent der 18- bis 59-jährigen Befragten in Beziehungen. Davon leben 84 Prozent in einem gemeinsamen Haushalt und 66 Prozent in einer Ehe. Bei drei von zehn Paaren ist zumindest eine Person nicht in Österreich geboren. Statistisch gesehen stechen österreichisch-deutsche Paare heraus: Sie leben eher in nichtehelichen Lebensgemeinschaften (52 Prozent) und leben häufiger in sogenannten LAT-Beziehungen ("Living Apart Together"), bei denen die Paare getrennt voneinander wohnen (24 Prozent). Paare, bei denen beide aus demselben Land stammen, sind hingegen in 85 Prozent der Fälle verheiratet.

Wenig überraschend leben vor allem jüngere Personen in LAT-Partnerschaften: Mehr als ein Drittel ist unter 25 Jahre alt. Generell leben von den heterosexuellen Paaren 15 Prozent in einer LAT-Beziehung, von den homosexuellen Paaren 40 Prozent. "Offenbar erschweren die gesellschaftlich vorherrschenden heteronormativen Normen das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare", heißt es in dem Bericht. Koordiniert wurde der österreichische Teil der internationalen Erhebung vom Österreichischen Institut für Familienforschung, beteiligt sind ÖAW, Uni Wien und Uni Salzburg, Unterstützung kommt unter anderem vom Wissenschaftsministerium.

Frauen sind unzufriedener

Doch wie glücklich verlaufen diese Partnerschaften eigentlich? Die Zufriedenheit variiert je nach Geschlecht und Beziehungsphase, wie die Studie zeigt. Personen mit Kindern sind tendenziell unzufriedener. In lang bestehenden Partnerschaften liegt der Zufriedenheitswert der Frauen deutlich unter jenem der Männer. Erst ab einer Beziehungsdauer von 20 Jahren steigt die Zufriedenheit mit der Partnerschaft bei beiden Geschlechtern sukzessive wieder an.

Erhoben wurden auch die Gründe für Beziehungskonflikte: Thema Nummer eins ist die Aufteilung der Hausarbeit, es folgen Erziehungsfragen (bei Paaren mit Kindern) und finanzielle Fragen. Die Ergebnisse der Befragung bestätigen zudem vorangegangene Studien, dass homosexuelle Paare durchwegs eher eine egalitärere Verteilung praktizieren als heterosexuelle Paare. Abgefragt wurde das Beispiel Wäschewaschen: Während in heterosexuellen Beziehungen 70 Prozent der Männer und 80 Prozent der Frauen angeben, dass die Frau immer oder normalerweise dafür zuständig ist, wird es in homosexuellen Partnerschaften ähnlich häufig von beiden Teilen übernommen.

Mit Konflikten kommen auch Gedanken, ob die Beziehung überhaupt noch halten kann. Der Erhebung zufolge denken 15 Prozent der Befragten, die derzeit in einer Partnerschaft leben, an eine Trennung. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: 18 Prozent der Frauen, aber nur zwölf Prozent der Männer überlegen, ihre Partnerschaft zu beenden. Bei Kinderlosen sind Trennungsgedanken weit häufiger und steigen bei Frauen, auch bei solchen mit Kindern, mit dem Bildungsgrad an, heißt es in der Studie.

Übrigens bestätigt die Studie den Mythos vom verflixten siebenten Jahr: Tatsächlich betrug die durchschnittliche Dauer einer beendeten Partnerschaft unter den Befragten etwas mehr als sieben Jahre.

Online-Dating und Nesthocker

Um einen Partner oder eine Partnerin zu finden, nutzen immer mehr Menschen Dating-Apps, vor allem jüngere. Unter den zwischen 1992 und 2001 Geborenen haben 15 Prozent der höher Gebildeten und 23 Prozent der weniger Gebildeten ihre erste Beziehung online begonnen. Insgesamt haben sich elf Prozent der heterosexuellen Paare im Internet gefunden, bei gleichgeschlechtlichen Paaren sind es hingegen 46 Prozent. Die Forschenden erklären die Diskrepanz damit, dass LGBTIQ-Personen weniger Möglichkeiten haben, potenzielle Partnerinnen und Partner an öffentlichen Orten wie Bars und Clubs kennenzulernen.

Der gesellschaftliche Wandel spiegelt sich auch in alternativen Familienstrukturen wider. Lebenskonzepte abseits der traditionellen Kernfamilie nehmen zu. Verbreitet haben sich auch Einpersonenhaushalte: Der Anteil beträgt über alle Altersgruppen hinweg um die 14 Prozent. Ein Viertel der Befragten lebt in "komplexen Haushalten", das sind hauptsächlich Haushalte, in denen mehrere Generationen zusammenleben, darunter auch ein großer Teil erwachsene Kinder, die noch bei den Eltern leben. Vier Prozent sind Alleinerziehende. Bernhard Riederer zufolge verzögern sich feste Beziehungen immer mehr. "Die Partnersuche dauert länger, das Zusammenziehen dauert länger, die Erstgeburten verschieben sich nach hinten."

Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau sank von 2,5 bei 1935 geborenen Frauen auf 1,6 bei in den 1970er-Jahren Geborenen. "Ein Teil des Fertilitätsrückgangs ist auf die zunehmende dauerhafte Kinderlosigkeit zurückzuführen", heißt es in dem Bericht. Für Mütter sei die Kinderzahl bemerkenswert stabil geblieben und liegt im Durchschnitt bei knapp über zwei – der Kinderwunsch hat aber deutlich abgenommen, auch aufgrund globaler Krisen und Teuerung. Internationale Vergleiche können derzeit noch nicht angestellt werden, in den meisten GGP-Ländern sind die Erhebungen noch am Laufen. (Karin Krichmayr, 15.4.2024)