Bei der Wien-Wal 2020 scheiterte Strache an der Fünfprozenthürde für den Gemeinderat. Das Team HC Strache – Allianz für Österreich erhielt aber 17 Sitze in Wiener Lokalparlamenten. Die will er 2025 verteidigen.
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Heinz-Christian Strache will es noch einmal wissen. In eineinhalb Jahren. Bei der Wien-Wahl. Da möchte der frühere Vizekanzler und FPÖ-Chef mit seiner Partei "Team HC Strache – Allianz für Österreich" (HC) kandidieren – um, wie er unlängst erklärte, zweierlei zu erreichen: erstens den Einzug in Landtag und Gemeinderat, an dem er bei der Wahl 2020 scheiterte. Und zweitens die Verteidigung jener 17 Mandate, die seine Partei damals in zwölf Bezirksvertretungen holte.

Sie sind der bisher einzige Ort in Österreich, an dem Straches Partei tatsächlich politisch mitbestimmt. In Wiens Lokalparlamenten lässt sich also eine Vorstellung davon gewinnen, welche Politik man bekommt, wenn man Strache wählt. Wie hat es seine Partei dort angelegt? Wer das erfahren möchte, muss sich durch dreieinhalb Jahre politische Arbeit graben und rechnen. Und das beginnt schon bei der Frage, wer noch Team Strache ist.

Unbemerkter Austritt

Von den ursprünglich 17 HC-Bezirksrätinnen und Bezirksräten sind aktuell 15 übrig. Wolfgang Cadilek verließ die Partei bereits kurz nach der Wahl 2020 – wegen eines Streits mit seinem Parteikollegen Günter Kasal um den Posten des Klubchefs in Favoriten. Er wurde wilder Bezirksrat. Gottfried Böck in Penzing tat es ihm gleich. Allerdings unbemerkt von der Öffentlichkeit. Und offenbar auch von seiner eigenen Partei. Laut Bezirksvorstehung ist Böck bereits seit Jänner 2022 fraktionslos – eine Information, die bisher weder den Wiener HC-Obmann Karl Baron noch Generalsekretär Christian Höbart erreicht hatte: Auf Böck angesprochen, zeigen sich beide überrascht ob des Austritts.

Bleiben Stand April 2024 elf Bezirke mit HC-Präsenz – sieben mit je einem Sitz und vier mit je zwei Sitzen (und damit Klubstatus). Klubobleute verdienen dort monatlich rund 1542 Euro brutto, einfache Bezirksrätinnen und Bezirksräte knapp 504 Euro. Ihr wichtigstes Mittel, um ihre politischen Anliegen voranzutreiben – und damit ein Gradmesser für ihre Arbeit –, sind Anträge in den Bezirksvertretungssitzungen.

Davon kommen im Lauf einer Legislaturperiode so einige zusammen: Laut Protokollen der Bezirksvertretungssitzungen waren es allein in jenen Stadtteilen, in denen HC vertreten ist, rund 5.520 Anträge von Ende 2020 bis Ende 2023. 155 davon stammen von Straches Leuten allein oder wurden von ihnen und anderen Parteien eingebracht.

Baron will 2025 "weiter ausholen"

Was steht drin? Stark beschäftigte das HC die Möglichkeit eines großen, längeren Stromausfalls. Für dieses Szenario urgierte es per Antrag in sechs Bezirken ein Konzept. In je drei Bezirken setzte man sich für den ordnungsgemäßen Gebrauch von E-Scootern ein und gegen Mobbing an Schulen.

Das Gros machten singuläre HC-Anträge zu Straßenbenennungen und unterschiedlichen lokalen Anliegen rund um Verkehr und Stadtgestaltung aus – zum Beispiel: leistbarer motorisierter Individualverkehr, Asphaltierung von Parkplätzen, die Beendigung des Einsatzes von öffentlichen Nebelduschen oder barrierefreie Öffi-Haltestellen. "Wir legen großen Wert auf eine vernünftige Verkehrssituation. Ständig wird Autofahrermobbing betrieben", sagt Wien-Chef Baron zum STANDARD. Der Fokus auf Verkehr habe sich in den Bezirken angeboten, für die Wien-Wahl 2025 werde man aber weiter ausholen.

Wie emsig die Strache-Leute beim Antragschreiben waren, variiert von Bezirk zu Bezirk stark. Erika Landegger in der Brigittenau etwa initiierte von Ende 2020 bis Ende 2023 keinen einzigen eigenen der insgesamt 250 Anträge, die die Bezirksvertretung behandelte. Für Kasal in Favoriten und Gerhard Böhm in der Leopoldstadt gilt bei in Summe rund 980 bzw. 170 Anträgen dasselbe. Katharina Kovacevic steuerte in Rudolfsheim-Fünfhaus nur einen von insgesamt rund 300 Anträgen bei, ihr Mann Zoran Kovacevic in Ottakring bloß drei von 250.

Ein Extrem in die andere Richtung ist der ausgetretene Böck: Er brachte in Penzing 24 eigene Anträge ein – binnen nur etwas mehr als einem Jahr. Der mitunter dürftige Output mache "keine gute Optik", gibt Baron zu. Noch schlechter seien aber schlechte Anträge. Bevor man solche verfasse, stimme man lieber die der anderen Parteien ab. Auch das sei eine wichtige Aufgabe von Bezirksmandataren.

Hälfte der Sitzungen geschwänzt

Um diese erfüllen zu können, müssen die Bezirksrätinnen und Bezirksräte zu den Sitzungen kommen. Auch hier gibt es laut Protokollen bei HC große Unterschiede. Klaus Handler etwa verpasste von Ende 2020 bis Ende 2023 in Simmering nur eine von 14 Sitzungen, Kasal in Favoriten bloß zwei von 20. Andernorts ließen sich HC-Vertreter nur in etwa der Hälfte der Sitzungen sehen: das Ehepaar Kovacevic im 15. und 16. Bezirk, Böhm im zweiten und Landegger im 20. Bezirk.

Das Schwänzen habe zum Teil Gründe, sagt Baron. So habe etwa der Ottakringer Mandatar einen schweren Unfall gehabt. In anderen Personen habe man sich schlicht "getäuscht".

Für 2025 wolle man sich personell daher sorgfältiger aufstellen, sagt Baron. Ob er selbst noch einmal kandidieren werde, lässt er offen. Das sei durchaus möglich. Mit fast 62 frage er sich aber auch, ob er sich das noch einmal antue. (Stefanie Rachbauer, 16.4.2024)