Tobias Jost, Yaël Meier, Paul von Preußen
Tobias Jost, Yaël Meier und Paul von Preußen sind im Geschäft der Gen-Z-Beratung bekannt.
Digital8, Remo Neuhaus, karriereguru

Arbeitsfaul, zu anspruchsvoll, desillusioniert: Immer wieder fallen diese Begriffe im Zusammenhang mit der Generation, die zwischen 1995 und 2010 geboren ist. Junge Menschen, durchschnittlich Mitte 20, treten am Arbeitsmarkt viel fordernder und idealistischer auf als die bescheidenere ältere Generation, heißt es oft. Genau diese Generation Z, die gerade pauschalisiert dargestellt wurde, ist in aller Munde in den Personalabteilungen und Vorständen von Konzernen, Mittelständlern, kleinen Betrieben.

Nicht ohne Grund: Sie müssen sie am besten langfristig für sich gewinnen. Laut Prognose wird es bis 2035 rund 650.000 mehr Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich geben. Unternehmen brauchen Strategien, wie sie Nachfolgende anziehen. Einige Vertreterinnen und Vertreter dieser Generation haben sich das seit einiger Zeit zum Geschäft gemacht. Aus dem Arbeitgeber- wurde ein Arbeitnehmermarkt und Unterschiede zwischen den Generationen zum lukrativen Businessmodell.

Junge Menschen, die Beratungsunternehmen gründen, wollen Firmen und Konzernen beibringen, wie sie die Bedürfnisse der Jungen besser verstehen und sie für sich gewinnen können. Ein junger Berater ist etwa Paul von Preußen. Er schaltet sich über Videochat mit dem Handy mit dem STANDARD zusammen, sitzt in einem hellen Büro in Berlin. Bis 2022 hat der 28-jährige als Vorstandsreferent für die Personalvorständin der Commerzbank gearbeitet, erzählt von neun Jahren Erfahrung in Konzernen. Er nahm wahr, dass junge Menschen offener für neue Technologien und Softwares sind und gründete letztlich Digital 8, eine Gen-Z-Beratungsagentur.

"Wir haben ein Netzwerk mit 300 Leuten gegründet", erklärt von Preußen. Darunter Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen: Musiker, Landesschulsprecherinnen, Start-up-Gründerinnen, Nachwuchspolitiker. Diese würde Digital 8 mit deutschen Dax-Konzernen, Mittelständlern, Staatskanzleien oder sogar der katholischen Kirchen verbinden. Die passende Person soll ihre Erfahrungen als junge Person dem Unternehmen weitergeben.

Bedürfnisse näherbringen

"Wir tun nicht so, als hätten wir die Weisheit mit dem Löffel gefressen, sondern haben den Fokus, die Generationen zusammenzubringen", sagt von Preußen. In Österreich gehören bereits die Raiffeisen Vorarlberg und die Vorarlberger Volksbank zu seinen Kunden. Es ginge von Preußen einerseits darum, die Bedürfnisse der jungen Generation in die Köpfe von Entscheiderinnen und Entscheidern in Unternehmen zu bringen. Andererseits soll es aber auch Verständnis für erfahrene Kolleginnen und Kollegen geben, die teilweise viel Verantwortung tragen. "Es hat ja einen Grund, warum traditionelle Organisationen seit Jahrhunderten bestehen."

Genauso bestehen aber auch Annahmen über verschiedene Altersgruppen seit Ewigkeiten. Aber so leicht lassen sich diese nicht kategorisieren. Bernhard Kittel, Professor für Wirtschaftssoziologie an der Universität Wien, hat sich in Forschungen die Generationenunterschiede angesehen. "Vieles, das man in den Medien über Junge liest, fußt schon auf der Erfahrung mit ihnen", sagt Kittel im Gespräch mit dem STANDARD. "Aber wir finden keine Daten, dass die Generation Z anders agiert als frühere Generationen."

Er verweist dazu auf die European Value Study, die alle paar Jahre Menschen zu der Bedeutung von Arbeit und Freizeit befragt. Sie zeigt, dass jungen Leuten schon in den 1990er-Jahren Freizeit neben Arbeit "wichtig" war. In der Befragung von 2018 hat sich der Wert lediglich etwas mehr zu "sehr wichtig" verlagert. Aber woher kommen dann all die Annahmen über die Gen Z? Warum brauchen Unternehmen Beratung, um sie zu verstehen?

Demografischer Wandel

Kittel erklärt es so: Junge Erwachsene heute wurden von ihren Eltern dazu erzogen, für ihre Meinungen einzustehen. Außerdem würden die Jungen sehen, wie es ihren Eltern bei der Arbeit ergangen ist oder ergeht. Häufig zeigen Studien, dass in der Babyboomer-Generation die Burnout-Zahlen in die Höhe schossen. "Dann kommt noch die Altersverteilung am Arbeitsmarkt dazu", sagt Kittel.

Junge hätten heute die Macht zu sagen, was sie im Job wollen und was nicht. "Wenn Unternehmen bereit sind, für eine Gen-Z-Beratung Geld auszugeben, kann das für beide Seiten gut sein." Seine Skepsis rühre aber aus der Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung ihrer eigenen Blase und den bevölkerungsrepräsentativen Umfragen. Und die zeigen: So anders als die Boomer sind die Gen-Z-Leute gar nicht. Eines der bekanntesten Gesichter in dieser neuen Szene ist Yaël Meier. Sie ist 23 Jahre alt und gründete vor vier Jahren gemeinsam mit ihrem Partner Jo Dietrich das Gen-Z-Beratungsunternehmen Zeam.

Kaum verstanden

"Wir sind eine Unternehmensberatung und setzen auch als Kreativagentur GenZ Projekte um", erzählt Meier dem STANDARD. Einerseits arbeiten sie, ihr Partner und ihr 30-köpfiges Team mit Firmen daran, junge Fachkräfte zu finden, andererseits auch, wie sie junge Kundinnen und Kunden mit ihren Produkten besser ansprechen. Meiers Kunden sind etwa Adidas, Migros und Ikea. In ihrem früheren Medienjob, sagt Meier, wurde sie immer wieder gebeten, über junge Menschen zu schreiben. Letztlich hatte sie den Eindruck, Unternehmen würden ihre Alterskohorte kaum verstehen.

Daher kam ihre Idee, diese zu beraten. Allerdings kämen ihre Ansichten nicht nur aus eigener Erfahrung. Zeam würde vor allem datenbasiert erklären, was die Gen Z will. Das sagte Meier erst kürzlich in der ARD-Dokureihe Money Maker. Von Preußen und Meier sind aber lange nicht (mehr) die Einzigen auf dem Markt. In den sozialen Medien sehr aktiv ist Tobias Jost mit dem Unternehmen Karriereguru. Auch der 21-jährige Start-up-Gründer Charles Bahr startete im Mai 2023 die Beratungsfirma ZCG mit ähnlichem Geschäftsmodell.

Bei Fragen zu ihren Gagen sind sie allerdings zurückhaltend. Von Preußen verrät nur, es lasse sich gut wirtschaften. Yaël Meier soll laut der ARD-Doku für Keynote-Auftritte zwischen 8000 und 15.000 Euro verdienen. Dem STANDARD sagt sie, dass die Stundensätze von Zeam klassischer Beratung gleichkommen. Es sei eine Fehleinschätzung, dass man als junger Mensch billig arbeiten würde. Mittlerweile machen sie und ihr Partner Dietrich einen siebenstelligen Umsatz im Jahr.

"Generationen wachsen im gleichen Kontext auf, der sie kollektiv prägt und beeinflusst, wie sie die Welt sehen", erklärt Meier. Dazu gehöre bei der Gen Z das Aufkommen des Smartphones, kein Leben ohne Internet. All dies würde prägen, wie Junge konsumieren und die Welt sehen. Daher sollten Unternehmen wissen, wie sie diese Generation ansprechen, sagt sie. Das muss aber nicht über ihre Agentur sein, es reiche oft, wenn sie bei ihrer eigenen jungen Belegschaft ansetzen. So können Firmen wohl auf dem schnellsten Weg herausfinden, was Junge im Job wirklich wollen. (Melanie Raidl, 26.4.2024)