Grasfrosch
Um die Bestände heimischer Amphibien, zu denen Kröten, Frösche, Molche und Salamander zählen, steht es weder in Österreich noch weltweit zum Besten. Die Tiere leiden unter starkem Verlust von Lebensräumen, aber vielerorts auch an eingeschleppten Krankheitserregern. Hier im Bild ein Grasfrosch.
E. Pölz /ÖGH

Angesichts warmer Temperaturen haben viele Amphibien heuer besonders früh zu wandern und zu laichen begonnen. Auch die heimischen Reptilien haben die Winterruhe längst hinter sich gelassen. Um die beiden stark bedrohten Tiergruppen in Zukunft besser schützen zu können, erhebt ein kürzlich angelaufenes Projekt am Naturhistorischen Museum (NHM) Wien ihr österreichweites Vorkommen. Helfen können dabei auch interessierte Laien.

Straßenverkehr und Krankheiten

Zu den Amphibien oder Lurchen gehören Frösche, Kröten, Molche und Salamander, während Echsen, Schlangen und Schildkröten zu den Reptilien oder Kriechtieren zählen. 21 Amphibien- und 15 Reptilienarten gibt es in Österreich, und sie alle sind gefährdet. Hauptsächlich verantwortlich für ihren massiven Rückgang in den letzten Jahrzehnten ist der Verlust von geeigneten Lebensräumen. Die zunehmende Fragmentierung der Landschaft lässt viele Tiere außerdem Opfer des Straßenverkehrs werden; eingeschleppte Krankheiten stellen eine weitere Bedrohung dar.

Alle heimischen Lurche und Kriechtiere stehen unter Schutz, doch das allein ist gewöhnlich zu wenig: "Es ist wichtig zu wissen, wo es welche Arten überhaupt gibt und noch gibt und wie es ihnen dort geht, damit man gezielte Schutzmaßnahmen setzen kann", erklärt Silke Schweiger von der Herpetologischen Sammlung des NHM. Daher wurde heuer dazu unter Leitung des NHM in Zusammenarbeit mit dem Haus der Natur in Salzburg, der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie (ÖGH) und dem Naturschutzbund ein österreichweites Projekt ins Leben gerufen, das vom Biodiversitätsfonds des Klimaministeriums finanziert wird.

Junger Frosch
Ein ehrenamtlicher Helfer des deutschen Bundes Naturschutz greift nach einem jungen Frosch. Während der Amphibienwanderung sammeln Freiwillige Kröten, Molche und Frösche an eigens errichteten Amphibienzäunen ein, um sie sicher über Straßen zu transportieren.
APA/dpa/Pia Bayer

Datenschatz mit blinden Flecken

Bis Oktober 2025 sollen alle in Österreich vorhandenen herpetofaunistischen Daten zusammengeführt und, wo nötig, ergänzt werden. Die meisten – nämlich fast 130.000 Datensätze – stammen von der Herpetofaunistischen Datenbank Österreichs (HFDÖ) des NHM selbst und von der am Haus der Natur beheimateten Biodiversitätsdatenbank, die mehr als 60.000 Einträge aufweist. Dazu kommen Daten der Landesregierungen und einiger Organisationen und Planungsbüros. Ein Vorteil dieser Sammlungen ist neben ihrer schieren Größe, dass sie teilweise bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. Das ermöglicht einen Vergleich mit heutigen Zuständen – auch angesichts des Klimawandels.

Trotz alledem ist bei weitem nicht ganz Österreich datenmäßig gleich gut abgedeckt. "Die meisten Leute, die Amphibien und Reptilien beobachten, tun das immer an denselben Stellen", gibt Schweiger zu bedenken. Das hat durchaus seine Vorteile, denn so können auch längerfristige Entwicklungen sichtbar werden. So liegen am NHM etwa die Aufzeichnungen eines oberösterreichischen Landwirtes auf, der seit rund 35 Jahren treulich jedes Tier meldet, das er auf seinen Flächen entdeckt.

Neben den Gebieten, die gut mit Beobachterinnen und Beobachtern versorgt sind, gibt es jedoch auch solche, die diesbezüglich eher stiefmütterlich behandelt werden. Dazu zählen etwa Bereiche, die schwer zugänglich sind, wie schwieriges Gelände oder Höhenlagen, oder auch Areale, in denen sich Amphibien und Reptilien nur selten blicken lassen. Würde man auf diesen "weißen Flecken" erst nach Sichtung der vorhandenen Daten mit Erhebungen beginnen, müsste man bis nächstes Jahr warten. Daher befasst sich NHM-Mitarbeiter Christoph Leeb schon jetzt damit: "Wir kennen die problematischen Stellen aus Erfahrung und können, in Kombination mit vorläufigen Analyseergebnissen, dort schon dieses Jahr gezielt Nachschau halten", erklärt er.

Hilfe der Bevölkerung nötig

Neben den bestehenden Datensätzen ist es jedoch auch enorm wichtig, den heutigen Stand der Amphibien und Reptilien Österreichs zu dokumentieren, und dafür ist die Mithilfe der Öffentlichkeit nötig. Alle Interessierten sind aufgerufen, sich an dem Projekt zu beteiligen und Beobachtungen von Amphibien und Reptilien unter einer der folgenden Web-Adressen beziehungsweise Apps zu melden: naturbeobachtung.at, herpetofauna.at, inaturalist.org oder observation.org.

Erdkröte
Eine männliche Erdkröte (Bufo bufo) hält im Laichgewässer nach einem paarungsbereiten Weibchen Ausschau. Da die Tiere auf ihren Wegen zu den Paarungsgründen häufig Straßen queren müssen, bezahlen sie die Wanderung nicht selten mit dem Leben.
IMAGO/Ralf Kistowski

Um Doubletten zu vermeiden, sollte die Meldung nur auf einer einzigen Plattform erfolgen, wie Schweiger und Leeb betonen. Außerdem können nur Meldungen mit Fotos berücksichtigt werden. Das ist nötig, um die Artbestimmung im Zweifelsfall nachvollziehbar zu machen. Die Österreichische Gesellschaft für Herpetologie und der Naturschutzbund werden im Rahmen des Projektes auch Exkursionen für Laien unter fachkundiger Leitung anbieten.

Die Ergebnisse aus all diesen Aktivitäten sollen letztendlich in das öffentlich zugängliche internationale Biodiversitätsnetzwerk Global Biodiversity Information Facility (GBIF) einfließen und die Grundlage für gezielte Schutz- und Fördermaßnahmen bilden. Außerdem ist für nächstes Jahr eine neue Rote Liste der österreichischen Amphibien und Reptilien auf Basis der Projektdaten geplant und in der Folge auch ein neuer Verbreitungsatlas. (Susanne Strnadl, 27.5.2024)