Trotz einer herben Niederlage bei den Parlamentswahlen hat die prochinesische Regierung der Salomonen den Machterhalt geschafft. Am vergangenen Donnerstag wählten die fünfzig Abgeordneten des frisch formierten Parlaments den ehemaligen Außenminister Jeremiah Manele der "Ownership, Unity and Responsibility Party" ("Our Party") zum neuen Premierminister. Manele erhielt mit 31 Stimmen die nötige Mehrheit, während der Oppositionsführer Matthew Wale nur 18 Stimmen erhielt, gab der Generalgouverneur der Salomonen, David Vunagi, bekannt. Der neue Regierungschef rief zur Ruhe und zur Respektierung des demokratischen Ergebnisses auf – in der Vergangenheit waren die Salomonen unter anderem im Umfeld von Wahlen mehrfach von gewaltsamen Ausschreitungen erschüttert worden.

Jeremiah Manele, hier bei seiner Antrittspressekonferenz mit Generalgouverneur David Vunagi, wird in der nächsten Amtsperiode die Geschicke der Salomonen leiten.
AFP/ALARICS FUGUI

Manele löste damit seinen Vorgänger Manasseh Sogavare im Amt ab. Der unbeliebte Sogavare, dessen Our Party bei der Wahl abgestraft wurde und nur 15 der 50 Parlamentssitze erhielt, gab Ende April, nach der Wahl, bekannt, sich nicht mehr um das Premiersamt zu bewerben und auch den Parteivorsitz abzugeben. Vor der Wahl am 17. April hatte der viermalige Premier noch ganz klar eine weitere Amtszeit angestrebt. Doch er sei "von den Medien verleumdet" worden und seine Familie "beispiellosen Beschimpfungen" ausgesetzt gewesen, begründete Sogavare seinen Rückzug. Recherchen hatten Anfang April erhebliche Zweifel an Sogavares Vermögen aufgeworfen. Trotz eines recht bescheidenen Einkommens soll er sich auf Kredit zuletzt ganze acht Häuser auf den Salomonen bauen haben lassen.

Manasseh Sogavare (rechts) verzichtete auf seinen Anspruch auf das Premiersamt und machte den Weg frei für seinen Parteikollegen und ehemaligen Außenminister Jeremiah Manele (links).
AP

Die Parlamentswahl stand unter internationaler Beobachtung, weil der Inselstaat ein Zielgebiet der offensiven chinesischen Diplomatie im Pazifikraum ist. Unter Sogavare hatten die Salomonen nach jahrzehntelangen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan 2019 plötzlich die Seiten zu China gewechselt. 2022 wurde ein ebenso umstrittener wie intransparenter Sicherheitspakt mit Peking bekannt. Der neue Premierminister Manele war als Außenminister maßgeblich am Seitenwechsel der Salomonen und an der Aushandlung des Paktes mit Peking beteiligt. Die USA und die Regionalmächte Australien und Neuseeland sorgen sich um die Auswirkungen für die Sicherheit in der Region. Die Salomonen haben eine geografisch strategische Lage im westlichen Pazifik – nicht zufällig fanden hier auch im Zweiten Weltkrieg verlustreiche Kämpfe zwischen den Alliierten und Japan statt.

Der neue Premierminister Jeremiah Manele war als Außenminister maßgeblich an der Aushandlung des Paktes mit Peking beteiligt. Im Jahr 2019 besuchte er anlässlich der Aufnahme diplomatischer Beziehungen der Salomonen mit China seinen Amtskollegen Wang Yi in Peking.
REUTERS/Pool

Unterstützung durch Unabhängige

Die Wahl wurde im Vorfeld als Richtungsentscheidung für die weitere Entwicklung skizziert. Obwohl Sogavares chinafreundliches Lager halbiert wurde, konnte sich seine Partei dennoch die Macht mithilfe der Unterstützung zahlreicher unabhängiger Mandatare sichern. Die Opposition, die den Pakt mit Peking kritisch sieht und teilweise rückabwickeln will und im Wahlkampf vor allem auf Themen der Gesundheits- und Bildungspolitik setzte, konnte hingegen die Abgeordneten der kleineren Parteien und der Unabhängigen nicht ausreichend hinter sich vereinen. Wale kritisierte, dass das Lobbying um Unterstützung vor der Abstimmung im Parlament von "Leuten dominiert wurde, die nach Geld und Posten verlangten". Während die Wirtschaft von der Regierung auf den Bergbau- und Holzsektor ausgerichtet sei, um Rohstoffe nach China zu liefern, fehlten im Gesundheitsbereich grundlegende Medikamente wie zu Beispiel Paracetamol.

Oppositionschef Matthew Wale verlor die Abstimmung im Parlament.
AFP/ALARICS FUGUI

Wechsel zwischen Fraktionen sind im politischen System der Salomonen nichts Ungewöhnliches. Das Wahlsystem begünstigt den Einzug von unabhängigen Kandidaten und kleinen Parteien ins Parlament. Auch der Kauf von Stimmen, sowohl jene von Wählern als auch von Abgeordneten, ist traditionell ein verbreitetes Problem. Doch während die Wahl selbst unter dem wachen Blick der internationalen Wahlbeobachter stattfand, findet nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses die Suche nach Mehrheiten nicht in der Öffentlichkeit statt.

Gratulationen

Nach Maneles Wahl zum Premier gratulierten auch die USA und Australien. Australiens Premier Anthony Albanese äußerte sich hoffnungsvoll bezüglich einer kommenden engen Zusammenarbeit: "Australien und die Salomonen sind enge Freunde und unsere Zukunft ist miteinander verbunden", schrieb er auf Twitter. Ähnlich äußerte sich der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, er beschwor eine weitere Stärkung der Zusammenarbeit. Peking gratulierte Manele via seiner Botschaft in Honiara. Man freue sich auf die Zusammenarbeit, um "die Beziehungen zwischen China und den Salomonen zu entwickeln und unseren Völkern mehr Vorteile zu bringen".

China zeigt massive Präsenz auf den Salomonen. So wurde ein neues Nationalstadion errichtet, Häfen und Straßen ausgebaut und auch ein Telekommunikationsnetz von Huawei gebaut. Dennoch sind Australien und die USA weiterhin die größten Geberländer für Entwicklungshilfe für die Salomonen.

Das neue Nationalstadion in Honiara wurde von China für die Salomonen errichtet.
AFP/SAEED KHAN
Peking baut derzeit in Honiara ein neues Gesundheitszentrum.
AFP/SAEED KHAN
Auf der Baustelle für das Krankenhaus wird zweisprachig die chinesisch-salomonische Freundschaft beschworen.
AFP/SAEED KHAN

Während Sogavare auf Konfrontation mit dem Westen setzte und die westlichen Partner immer wieder brüskierte, gilt der Karrierediplomat Manele als eher zurückhaltender Netzwerker, der den Spagat zwischen den Interessen versucht. Er kündigte an, die Maxime der Freundschaft mit allen und Feindschaft mit niemandem, als Grundlage der Außenpolitik beizubehalten. Der Pazifikexperte Graeme Smith der Australian National University sieht der Agentur Reuters zufolge Manele als fähigen Politiker, der einen großen Stilwechsel für die Salomonen bedeute. Auch der ehemalige australische Diplomat Mihai Sora billigt Manele eine "starke Erfolgsbilanz in der guten Zusammenarbeit mit allen internationalen Partnern" zu, was ihn vom polarisierenden Sogavare unterscheide.

Gespaltene Gesellschaft

Diese Nuancen mögen in der internationalen Beurteilung der neuen Regierung eine Rolle spielen. Ob Manele die gespaltene Gesellschaft der Salomonen wieder einen kann, bleibt abzuwarten. Schließlich brachte die Wahl deutlich die Unzufriedenheit mit der Regierung ans Licht – und dennoch kann nun dieselbe Partei weiterregieren.

Daniel Suidani, der als Provinzpremier der Region Malaita im Jahr 2019 den Wechsel von Taiwan zu China verweigerte und später mit einem Misstrauensantrag von seinem Posten enthoben wurde, hat erneut einen Sitz im Provinzparlament erobert. Der an seiner Stelle eingesetzte prochinesische Provinzchef verlor hingegen bei der Wahl sein Mandat. Suidani sprach davon, dass mehrere Mandatare der Opposition von versuchtem Stimmenkauf berichteten. Viele hätten Telefonanrufe erhalten, in denen ihnen für einen Lagerwechsel 300.000 Salomonen-Dollar (rund 32.500 Euro) und Projekte in ihren Wahlkreisen versprochen wurden.

Auf Malaita verlor das prochinesische Lager besonders deutlich. Suidanis Koalition schickt sich nun an, erneut die regionale Regierung der wichtigen Provinz zu übernehmen, was den Konflikt mit der Zentralregierung in Honiara wieder anheizen würde. Hierzu werden 17 Stimmen der Abgeordneten im 33 Sitze beinhaltenden Regionalparlament in Auki benötigt. (Michael Vosatka, 6.5.2024)

Auch ein neuer Wohnbezirk wird unter chinesischer Führung errichtet.
AFP/SAEED KHAN
Peking unterstützt Honiara auch mit Polizeifahrzeugen.
AFP/SAEED KHAN
Auch dieser Müllwagen wurde von China zur Verfügung gestellt.
AFP/SAEED KHAN