Eine ungewöhnliche Entdeckung machte ein niederösterreichischer Winzer bei Bauarbeiten in seinem Weinkeller in Gobelsburg im Bezirk Krems: Er stieß auf tierische Überreste, die sich als Sensation entpuppten. Wie sich herausstellte, handelt es sich dabei um steinzeitliche Mammutknochen, die auf ein Alter von 30.000 bis 40.000 Jahren geschätzt werden. Es sei der bedeutendste Fund dieser Art seit rund 150 Jahren, betonen Forscherinnen und Forscher der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Die Überreste von mindestens drei Mammuts wurden in einem niederösterreichischen Weinkeller entdeckt.
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Der Finder Andreas Pernerstorfer hatte das Bundesdenkmalamt kontaktiert, das ihn wiederum an das Österreichische Archäologische Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) verwies. Dort erkannte man die Bedeutung der Entdeckung schnell: Die in mehreren Schichten liegenden Überreste dürften von mindestens drei Mammuts stammen, sagt Grabungsleiterin Hannah Parow-Souchon von der ÖAW zum STANDARD. Denkbar wäre, dass die Überreste von noch mehr Tieren stammen – das lasse sich aber erst nach der Restaurierung und Konservierung der Knochen durch das Naturhistorische Museum (NHM) Wien abschließend klären.

Außergewöhnliche Ansammlung

"Wir haben alles Mögliche gefunden, darunter einen Oberkiefer von einem jungen Tier, einen Unterkiefer von einem größeren Tier, ein Becken und ein Schulterblatt von einem noch größeren Tier. So kommen wir auf mindestens drei Mammuts." Auch zahlreiche Wirbel, ein ganzer Fuß und ein Zungenbein wurden bereits identifiziert, sagt die Archäologin. Welche dieser Teile zu welchem Tier passten, könne man aber noch nicht beantworten, die Grabungen sind noch nicht abgeschlossen. Zudem sei die Bergung der Knochen eine Herausforderung: "Sie sehen sehr gut aus, aber die Luftfeuchtigkeit in dem Keller ist bei fast 100 Prozent. Das heißt, die Knochen sind richtig durchnässt und dadurch sehr fragil."

Die Arbeiten an der Fundstelle dauern noch über den Sommer an.
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Deshalb müssen die Funde zunächst sorgfältig freigelegt, mit Pappmaschee bedeckt und mit Gips ummantelt werden, ehe sie zur Konservierung und weiteren Untersuchung abtransportiert werden können. Insgesamt sei der Fund eine enorme Chance für die Forschung – und in Österreich außergewöhnlich, sagt die Archäologin. Sie bearbeitet die Fundstelle gemeinsam mit ihrem Kollegen Thomas Einwögerer. Eine vergleichbare Entdeckung gab es in Österreich zuletzt vor rund 150 Jahren – in der direkten Nachbarschaft. Damals wurde in einem angrenzenden Keller eine mächtige Knochenschicht sowie Kulturschichten mit Feuersteinartefakten, Schmuckfossilien und Holzkohle entdeckt.

"Jetzt können wir in Österreich so etwas zum ersten Mal mit modernen Mitteln untersuchen", sagt Parow-Souchon. Bei der historischen Ausgrabung wurde der Keller vollständig ausgeräumt, auch andere vergleichbare Fundstellen in Österreich und im angrenzenden Ausland wurden zumeist vor mindestens 100 Jahren freigelegt und sind für die moderne Forschung weitgehend verloren. Jetzt habe man die Gelegenheit, an neue Daten zu kommen. Mithilfe der Kohlenstoffdatierung soll das Alter der Funde noch genauer bestimmt werden, weitere Analysen könnten mit etwas Glück auch Aufschlüsse über das Schicksal dieser Tiere geben.

Menschen im Verdacht

Denn die Fundumstände werfen Fragen auf. Im benachbarten Keller wurden damals die Überreste von insgesamt zwölf Mammuts dokumentiert, nun kommen zumindest drei weitere hinzu. Was trieb die Tiere dorthin, und woran starben sie? Parow-Souchon: "Wir arbeiten im Moment intensiv an dieser Frage. Es ist aufgrund der in dem angrenzenden Keller gefundenen Steinartefakte und der Holzkohle, die wir auch gefunden haben, durchaus möglich, dass der Mensch seine Hand im Spiel hatte." Genau lasse sich das noch nicht sagen, einiges spreche aber dafür, dass der Fundort auch der Ort des Todes der Tiere war. Menschen könnten sie dorthin getrieben oder ihnen eine Falle gestellt haben. Dass mehrere Tiere mit unterschiedlichem Alter quasi auf einem Fleck starben, sei jedenfalls verdächtig, meint die Archäologin.

Nähere Untersuchungen könnten vielleicht auch Aufschlüsse über die Todesumstände der eiszeitlichen Tiere geben.
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Hervorzuheben sei das vorbildliche Verhalten des Kellerbesitzers Andreas Pernerstorfer, sagt Parow-Souchon. Ohne seine Meldung beim Bundesdenkmalamt wäre diese sensationelle Entdeckung für die Wissenschaft verborgen geblieben. "Die Stelle liegt 17 Meter unter der Geländeoberfläche. Da wären wie nie rangekommen." Die Archäologin hofft, dass die Mammutfunde von Gobelsburg in der Bevölkerung das Bewusstsein dafür schärfen, wie wichtig es ist, derartige Entdeckungen bekanntzugeben: "Wenn jemand gerade in Weinkellern bei Umbauarbeiten schwarze Bänder, Feuersteine oder Knochen in der Wand oder am Boden findet, dann wäre es wirklich das Beste, das zu melden. Das sind Fenster in die Vorgeschichte, die man sonst nie sehen würde." (David Rennert, 22.5.2024)