Rund 1,8 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser gibt es in Österreich, etwas mehr als jedes zehnte davon wurde zwischen 2011 und 2021 errichtet. Doch ihre Belegung wäre ausbaufähig, denn 57,4 Prozent dieser 1,8 Millionen Häuser werden aktuell nur noch von einer oder zwei Personen bewohnt. Das ergab eine Auswertung von Daten der Statistik Austria durch das Österreichische Ökologie-Institut im Auftrag der Raiffeisen Bausparkasse.

In 297.000 Ein- und Zweifamilienhäusern lebte 2021 nur eine Person.
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Konkret lebte 2021 in 297.000 Häusern nur eine Person, das waren 23,3 Prozent aller Häuser mit Hauptwohnsitzen. 2011 lag deren Anteil noch bei 20,9 Prozent. In weiteren 435.000 Häusern sind nur zwei Personen daheim (34,1 Prozent; 2011: 31 Prozent). "In Wien und im Burgenland ist der Anteil der Einpersonenhaushalte in Einfamilienhäusern bereits höher als der Anteil an Paaren mit mindestens einem Kind unter 25 Jahren", berichtete Studienautorin Julia Lindenthal vom Ökologie-Institut. Bundesweit betrachtet ist es noch umgekehrt, doch die Anzahl der Einpersonenhaushalte ist im Steigen begriffen, jene der Paarhaushalte mit Kindern im Sinken.

310.383 Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäusern hatten im Jahr 2021 zudem gar keine Wohnsitzmeldung, dabei war der Anteil interessanterweise in Wien am höchsten (20,7 Prozent). Laut Lindenthal liegt das daran, dass hier auch Kleingartenhäuser mitgezählt werden. In bundesweit 109.798 Einheiten waren nur Nebenwohnsitze gemeldet, hier war der Anteil im Burgenland (9,2 Prozent) und in Niederösterreich (8,5 Prozent) am höchsten.

Klassische "Kernfamilie" in der Minderheit

Fazit Lindenthals: Einfamilienhäuser werden im Schnitt nur mehr zu 35,1 Prozent, Zweifamilienhäuser nur mehr zu 28,6 Prozent von der klassischen Kernfamilie bewohnt. Nur in Tirol und Salzburg liegt der Anteil der Paare mit mindestens einem Kind unter 25 Jahren noch über jenem der Zweipersonenhaushalte, in allen anderen Bundesländern nicht mehr.

Viel Wohnraum in Ein- und Zweifamilienhäusern wird also nicht genutzt, gleichzeitig werden weiterhin jedes Jahr viele neue Häuser gebaut. 2021 waren es 16.370. Durch die diversen Krisen der vergangenen Jahre, insbesondere aber durch den starken Zinsanstieg seit 2022 ist die Bautätigkeit zwar signifikant zurückgegangen. Doch bei der Sanierungsrate sieht Lindenthal weiterhin viel Luft nach oben: 2022 lag sie österreichweit bei nur 1,4 Prozent, dabei gibt es seit langem einen Zielwert zwischen 2,8 und drei Prozent, um die Klimaziele zu schaffen.

"Es muss nicht immer der Neubau sein"

Immerhin: In jüngster Zeit bemerkt man bei der Raiffeisen Bausparkasse ein deutlich gestiegenes Interesse an Krediten für Sanierungen, berichtete Geschäftsführer Christian Vallant. "Im heurigen Jahr werden rund 40 Prozent der Finanzierungen für Sanierungen oder Umbauten verwendet", bei freilich viel geringerem Gesamtvolumen als zuvor; beim Finanzierungsvolumen hat man einen Einbruch von "weit über 50 Prozent" hinnehmen müssen.

Doch man registriere einen "Wandel im Mindset", so Vallant. "Es muss nicht immer nur der Neubau sein." Allerdings sei Sanieren wesentlich aufwendiger, als auf der grünen Wiese neu zu bauen. Das beginne schon bei der viel intensiveren Sanierungsberatung. Für diese seien meist drei bis vier Termine in den Beratungszentren des Raiffeisen Wohn Service nötig, auch deshalb, weil die Förderlandschaft unübersichtlich ist.

Doch der Begriff "Nachhaltiges Bauen und Wohnen" verbreite sich immer mehr, und laut einer Studie aus dem Vorjahr würden mittlerweile sogar 72 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher dem Renovieren und Sanieren den Vorzug gegenüber einem Neubau geben. "Das zeigt uns, wie viel Potenzial in diesem Thema – sowohl klimapolitisch als auch wirtschaftlich – steckt", sagte Vallant.

"Verpflichtender Umstieg auf Erneuerbare"

Julia Lindenthal vom Ökologie-Institut forderte auf der Pressekonferenz mit Vallant am Donnerstag eine ressourcenschonendere Raumordnung, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, Mobilitätskonzepte sowie einen Entfall des Stellplatzschlüssels. Gemeinden sollten zudem systematisch Leerstände und Mindernutzungen erheben.

Außerdem sollte es für Ein- und Zweifamilienhäuser einen verpflichtenden Umstieg auf erneuerbare Energien geben. Denn "jedes Einfamilienhaus kann so saniert werden, dass sich der Energiebedarf mindestens halbiert", sagte die Expertin, und der Rest könne mittlerweile gut aus erneuerbaren Quellen gespeist werden. (Martin Putschögl, 24.5.2024)