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Da hielten sie noch beide den Mund: Franz Fischler und Wolfgang Schüssel 1997 bei einer Tagung des Bundesbauernrates beim Schlucken eines Zuckerls.

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Innsbruck - Der frühere EU-Kommissar Franz Fischler (ÖVP) fordert den Rücktritt von Wolfgang Schüssel in dessen Funktion als VP-Klubobmann. "Wolfgang Schüssel ist allein durch sein Dasein in dieser Funktion ein Problem. Das glaubt er zwar nicht, es ist aber so. Er engt, wenn vielleicht auch nicht bewusst, den Freiraum von Parteichef Wilhelm Molterer ein", wurde Fischler in der Dienstagausgabe der "Tiroler Tageszeitung" zitiert.

Schüssel agiere im Hintergrund gegen die Führungsriege der SPÖ und handle damit so ähnlich wie ein Oppositionspolitiker, sagte Fischler. Sein "Freund Schüssel" habe zwar Vizekanzler Molterer helfen wollen, als er nach seinem Rücktritt als Parteichef die Rolle des Klubobmannes übernahm, aber "diese Hilfe funktioniert so nicht". Wenn Schüssel der ÖVP einen guten Dienst erweisen wolle, "und da bin ich mit meiner Meinung nicht der Einzige", dann sollte er möglichst rasch seine Funktion als Klubobmann zur Verfügung stellen.

Fischler kann sich vorstellen, dass Schüssel als ÖVP-Spitzenkandidat seine Partei in die kommende Europawahl führt. Das würde dessen Chancen auf einen EU-Spitzenjob verbessern, mutmaßte Fischler.

Partei verteidigt Schüssel

Fischlers Wunsch versetzte die Volkspartei in erstaunliche Aufregung. Aus den verschiedensten Büros schossen am Dienstagvormittag Aussendungen hervor, in denen der frühere EU-Kommissar heftig kritisiert wurde, verbunden mit Solidaritätsbekundungen für den Altkanzler.

ÖVP-Chef Wilhelm Molterer hat sich am Dienstag in einer Aussendung voll hinter Klubobmann Wolfgang Schüssel gestellt. Der Altkanzler habe auf seine Bitte die Funktion übernommen, sei vom Klub einstimmig gewählt worden und ein hervorragender Klubchef: "Er wird das auch bleiben - das ist gut für die Politik, gut für die ÖVP und gut für den ÖVP-Klub."

Unter anderem taten sich die Stellvertreter Schüssels im Parlamentsklub zusammen. Fritz Grillitsch, Fritz Neugebauer und Günter Stummvoll huldigten dem "unschätzbaren Erfahrungsschatz" Schüssels, den er täglich einbringe und von dem die ÖVP "in unschätzbarem Ausmaß profitiert".

"Auf das Schärfste verurteilt" ÖVP-Seniorenbundobmann Andreas Khol die Aussagen seines Tiroler Landsmannes. Neben allgemeinem Großlob für die fachliche Kompetenz des Altkanzlers wird auch die menschliche Seite des früheren Parteiobmanns gewürdigt: Es sei "eine große ethische Leistung, dass Wolfgang Schüssel vom ersten Job in den zweiten gewechselt ist und dort treu und loyal seinem Parteiobmann den Rücken frei hält", betont Khol und sagt zu Fischler, den er indirekt als "fünfte Kolonne der SPÖ" bezeichnet: "Ich halte es mit dem Sprichwort: Der Herr bewahre mich vor meinen Freunden, vor meinen Feinden schütze ich mich selbst."

"Jedenfalls zurückzuweisen" ist für ÖAAB-Generalsekretär Werner Amon die Rücktrittsaufforderung von Ex-EU-Kommissar Fischler in Richtung Schüssel.

Minister über Fischler erstaunt

Nach Klub und Bünden zeigt sich nun auch ein Teil der schwarzen Regierungsmannschaft erzürnt über die Aufforderung von Fischler. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hält diese Ansage für "höchst überflüssig und mehr als ärgerlich", wie er in einer Aussendung der Bundespartei mitteilte.

Innenminister Günther Platter war "äußerst verwundert" über das, was sein Tiroler Landsmann da von sich gegeben hatte: "Ich verstehe weder, wie Franz Fischler zu diesen Auffassungen kommt, noch seine Beweggründe."

Die Grünen beobachten die VP-Solidaritätsbekundungen für den Alt-Kanzler mit Interesse. Fischler haben offenbar den wunden Punkt in der ÖVP getroffen, meinte Bundesparteisekretär Lothar Lockl in einer Aussendung.(APA)