Von Frauensolidarität war nichts zu spüren. Als die Feministin Alice Schwarzer unlängst in Berlin ihr neues Buch vorstellte, da demonstrierten rund 30 Frauen. "Halt die Klappe, Alice", war auf einem Schild zu lesen. Und: "Mein Beruf gehört mir!" Sogar ein nackter Hintern war zu sehen.

"Prostitution - Ein deutscher Skandal", heißt das neueste Werk der streitbaren 70-Jährigen. Sie fordert darin nicht weniger als die Abschaffung der Prostitution. Denn: "Deutschland ist ein Einreiseland für Sextouristen geworden."Nirgendwo in Westeuropa seien Frauen so billig zu haben. Auf Schwarzers Homepage www.emma.de verlangen auch 90 Prominente von der Bundesregierung: "Prostitution abschaffen!" Sie sind sich in einem Punkt einig: Schuld an allem ist die Politik.

Tatsächlich wurde das Prostitutionsgesetz in Deutschland 2002 von der damaligen rot-grünen Koalition gravierend geändert. Seinen Körper gegen Geld anzubieten sollte ein normales Geschäft werden. Freierlohn ist seither einklagbar, Prostituierte haben Zugang zur gesetzlichen Sozialversicherung.

Auch Flatrates sollen abgeschafft werden

Doch der Wunsch, Prostitution zum ganz normalen Job zu machen, ging nicht auf. Kaum eine Hure hat in Deutschland einen Arbeitsvertrag. Und eine Studie der EU-Kommission besagt, dass die Legalisierung der Prostitution in der Bundesrepublik zu einer Zunahme von Menschenhandel geführt hat.

Doch es gibt Prostituierte, die sich von Schwarzer gar nicht helfen lassen wollen, weil sie sich als selbstbewusste Dienstleisterinnen sehen. Sie gründeten den Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen und veröffentlichten einen "Appell FÜR Prostitution - für die Stärkung der Rechte und für die Verbesserungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen in der Sexarbeit".

Die große Koalition wird die Prostitution nicht abschaffen. Aber sie will künftig "Kunden" bestrafen, die bewusst Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen. Geplant ist auch, "Flatrates" in Bordellen abzuschaffen und in den Puffs stärker zu kontrollieren. Ausländische Zwangsarbeiterinnen, die aussteigen möchten, sollen Aufenthaltsgenehmigungen bekommen. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 5.12.2013)