Stefan Denifl 2018 während eines Trainingslagers auf der Rad-WM Strecke in Tirol.

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So funktioniert Blutdoping.

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Seefeld – Der aktuelle Doping-Skandal hat sich nun auch auf den Radsport ausgeweitet. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat am Sonntag Ermittlungen gegen einen Tiroler Radprofi bestätigt. Der 31-Jährige gab demnach bei Einvernahmen zu, die Methode des Blutdopings angewandt zu haben. Laut Informationen der "Kronen Zeitung" soll es sich bei dem betroffenen Sportler um Radprofi Stefan Denifl handeln. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Hansjörg Mayr, Sprecher der Innsbrucker Staatsanwaltschaft, sagte zum ORF auf die Frage, dass es Meldungen gebe, wonach Stefan Denifl unter Dopingverdacht stehe und ob das stimme: "Es ist richtig, die Ermittlungen gegen den deutschen Sportmediziner und seine Komplizen haben jetzt auch den Verdacht gegen einen Tiroler Radsportler ergeben. Auch er steht im Verdacht, Sportbetrug begangen zu haben."

Der Sportler sei am Freitag zur Vernehmung festgenommen worden, habe sich geständig gezeigt und sei noch am gleichen Tag wieder entlassen worden. Den Namen Denifl nahm Mayr selbst in dem Sonntagmittag ausgestrahlten Interview nicht in den Mund. Weitere Details wollte die Anklagebehörde dazu aktuell nicht nennen.

Überraschende Vertragsauflösung

Denifl war am Sonntag in der Früh für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der Stubaier war in den vergangenen zehn Jahren einer der erfolgreichsten heimischen Radprofis. Im Juli 2017 gewann er die Österreich-Rundfahrt und zwei Monate später sensationell eine Bergetappe der Spanien-Rundfahrt Vuelta.

Im vergangenen Oktober unterschrieb der Familienvater einen Vertrag für das neue polnischen World-Team CCC. Zu Weihnachten gab der Rennstall dann völlig überraschend die Auflösung des Vertrages bekannt, es wurden "persönliche Gründe" dafür angeführt. Denifl selbst nahm nicht Stellung, auch in den Wochen danach waren keine Details über den Grund für die Trennung zu erfahren gewesen.

Seefeld-Razzia als Startschuss

Im Lichte der neuesten Entwicklung ist nicht auszuschließen, dass Denifl bereits damals im Visier der ermittelnden Behörden stand. Diese hatten am vergangenen Mittwoch zusammen mit deutschen Kollegen bei Razzien in Seefeld während der Nordischen Ski-WM und in Deutschland fünf Langläufer, darunter die Österreicher Max Hauke und Dominik Baldauf, und als möglichen Kopf einer "kriminellen Vereinigung" einen deutschen Sportmediziner festgenommen.

Die fünf betroffenen Wintersportler legten mittlerweile Geständnisse ab. Ihnen drohen – wie nun wohl auch Denifl – Anklagen wegen Sportbetrugs und sportrechtliche Sanktionen mit Sperren und nachträgliche Disqualifikationen.

NADA: "Könnte weitere Sportlerenthüllungen geben"

Die Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) "war über die Ermittlungen und die Verhaftung des Radprofis informiert", sagte NADA-Vertreter David Müller. Allgemein gesprochen laufe der Informationsfluss in solchen Fällen in beide Richtungen. Besonders gespannt ist die NADA hinsichtlich der Auswertungen der in Deutschland beschlagnahmten Blutkonserven. In der Praxis des mit den Behörden kooperierenden Sportmediziners in Erfurt sollen Medienberichten nach bis zu 40, mit Tarnnamen versehene Blutbeutel von Sportlern beschlagnahmt worden sein. Deshalb könne er auch nicht ausschließen, dass es in der Blutdoping-Causa weitere verdächtige Sportler aus Österreich geben könnte, sagte Müller.

Staatsanwaltschaft über deutschen Arzt: "Das war ein all-inclusive-Paket"

Dies untermauert auch die Stellungnahme von Kai Gräber, Leiter der zuständigen Schwerpunktstaatsanwaltschaft München. Laut der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung glaubt die Staatsanwaltschaft demnach, dass die mutmaßlichen Dopingpraktiken des verhafteten Sportmediziners bereits Anfang der 2000er-Jahre angefangen haben. "Meine persönliche Einschätzung ist, dass wir noch viel weiter zurückgehen werden im Laufe der Ermittlungen. Ich glaube, dass das in die Anfänge der Jahre 2000 zurückreichen dürfte."

Der Staatsanwalt geht außerdem "sehr stark" davon aus, dass weitere Sportarten – wie der Radsport – betroffen seien. "Weil er Personen kennt, und Kontakte in die Szene hat, halte ich das für nicht unwahrscheinlich."

Er nehme an, dass der Arzt für seine Dienste zwischen acht- und fünfzehntausend Euro pro Athlet und Saison verdient habe. "Das war ein all-inclusive-Paket", sagte Gräber. Die Causa sei in Deutschland in seiner Dimension bisher einzigartig. "Mir fällt kein Fall ein, der ähnlich spektakulär vom Aufschlag und ähnlich gut von der Beweislage gelaufen ist." (APA, red, 3.3.3019)

Anm.: Dieser Artikel wurde und wird laufend mit den aktuellen Entwicklungen aktualisiert.