Franz Lang, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, sprach am Montag über die ersten Auswertungen der Kriminalstatistik.

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Wien – Dass das Bundeskriminalamt (BK) die Halbjahresbilanz der Kriminalstatistik präsentiert, ist per se nicht ungewöhnlich. Dass es nur einen ganz speziellen Teil davon herausgibt, schon. In einem Hintergrundgespräch machte Franz Lang, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, am Montagabend klar: Es gibt ein Problem mit Cyberkriminalität.

Die nämlich stieg, verglichen zum ersten Halbjahr 2018, heuer steil an. 13.020 Anzeigen bearbeitete die Polizei zwischen Jänner und Juni 2019, gut 8.600 waren es im Vorjahr – ein Anstieg um 50 Prozent.

Ein Drittel mehr Internetbetrug

Zahlenmäßig hauptverantwortlich dafür ist der Internetbetrug. Darunter fallen zum Beispiel falsche Gewinnversprechen via E-Mail, Bestellbetrügereien durch falsche Webshops oder Fälle, in denen mit einer falschen Identität bestellt wird, sowie Love-Scamming – das Vortäuschen tiefer Gefühle mit dem Zweck, Geld zu erbeuten. "Das passiert beiden Geschlechtern", sagt Lang und spricht von falschen Soldaten oder Erdölbauarbeitern und von vermeintlichen Damen aus dem Ostblock, die erst Liebe vortäuschen und dann in scheinbare Geldnot geraten. Um 30 Prozent stiegen diese Internetbetrügereien im Vergleich zum Vorjahr an.

Prozentual stärker, nämlich um 60 Prozent, stieg die Cyberkriminalität. Die bezeichnet den Fall, dass "kriminelle Diplomingenieure" (Lang) mithilfe von Malware ganze Computersysteme angreifen oder die Kommunikation eines Systems nach außen kappen. Danach folgt die Lösegelderpressung. Massive Datenlecks, wie zuletzt bei der Bücherei Wien, fallen ebenfalls in diese Kategorie.

144 Prozent mehr bei sonstigen Internetdelikten

Am stärksten nahm die sogenannte "sonstige Kriminalität" zu. Weil sich klassische Strafrechtsdelikte immer mehr ins Internet verlagern, stieg diese um 144 Prozent. Ebenfalls mitschuldig, so das BK: dass es einfacher wird, sich im Darknet kriminelle Leistungen zu kaufen – der Laie zahlt, der Hacker führt aus.

Unter die sonstige Kriminalität fällt auch die pornografische Darstellung Unmündiger. Bleibt die Entwicklung das ganze Jahr über so, wird Ende des Jahres ein Zuwachs um über 500 Fälle auf 1.700 Delikte zu verzeichnen sein. Meist sind bei diesen Delikten Täter und Opfer in einer Altersgruppe: Einerseits ist das Verschicken von Nacktbildern, so Lang, ein "beliebtes Spiel unter Schülern", andererseits wird schlicht mehr fotografiert.

Zu den Zahlen präsentiert das BK auch ein Maßnahmenpaket, in dem man verstärkt auf Aufklärung setzen will. Einerseits soll ins Bewusstsein von Kunden, dass sie auf ihre Daten aufpassen und Vorausbezahlungen meiden sollen, andererseits will man Unternehmen gezielt ansprechen. Das Team des Cybercrime-Competence-Centers, einer Schwerpunktstelle im BK, soll aufgestockt werden, um Massenerpressungsmails zu bekämpfen, wird eine zentrale Ermittlungsgruppe eingerichtet. Außerdem wolle man enger mit Euro- und Interpol zusammenarbeiten.

Gesamtkriminalität und Morde konstant

Einige Details zu Delikten in der analogen Welt wurden dennoch veröffentlicht: Die Gesamtkriminalität ist demnach relativ konstant, mit 240.159 ist die Zahl der Delikte zwar etwas höher als im ersten Halbjahr 2018, aber niedriger als im zweiten. Der Anteil bei fremden Tatverdächtigen lag – genauso wie im Vorjahr – bei 41 Prozent, darunter sind vor allem Tatverdächtige aus Deutschland, Rumänien, Serbien, der Türkei und Afghanistan. Damit liegen die Deutschen im Gegensatz zur Gesamtstatistik des Vorjahrs vor den Rumänen.

Lang kündigte außerdem an, dass noch in diesem Herbst die Ergebnisse der sogenannten Screening-Gruppe präsentiert werden. Der damalige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hatte sie als Reaktion auf eine Häufung von Frauenmorden eingerichtet. Die Zahl der vollendeten Morde liegt mit 55 auf dem Vorjahresniveau, die der versuchten Morde – 120 waren es im ersten Halbjahr – ist dagegen gestiegen. (elas, 3.9.2019)