Freut sich, will aber trotzdem das System ändern: Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP).

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Wien – Es kommt nicht oft vor, dass ein österreichischer Bildungsminister bei der Präsentation der Ergebnisse von Leistungsstudien Anlass zur Freude hat. Bei Heinz Faßmann (ÖVP) war es diesmal so weit. Es tue ihm fast leid, dass er keine Alarmmeldungen zum Zustand der Schulbildung parat habe, scherzte er am Freitag bei der Pressekonferenz im Ministerium. Denn die Überprüfung der Bildungsstandards im Fachbereich Englisch zeige, kurz gefasst: Die Sprachfähigkeiten der Jugendlichen werden sowohl im Pflichtschulbereich (APS) – sprich Mittelschulen – als auch bei den allgemein bildenden höheren Schulen (AHS) besser.

Die Ausgangslage: Im Frühjahr 2019 wurden rund 74.000 Schülerinnen und Schüler der achten Schulstufe getestet – der Fokus lag dabei auf Lesen und Hören. Zusätzlich sollte eine Stichprobe von rund 7.500 Jugendlichen ihre Schreibfähigkeiten unter Beweis stellen – diese Übung ist nicht so gut gelungen.

Deutlich besser beim Lesen und Hören ...

Weil das Lesen und Hören von englischen Aufgaben bereits 2013 auf der Tagesordnung stand, lassen sich für das Bildungsministerium daraus wichtige Vergleiche anstellen. Dabei zeigt sich unter anderem: Es gibt deutlich weniger Schülerinnen und Schüler auf dem untersten Kompetenzniveau (laut europäischem Referenzrahmen: A1 und darunter) bei gleichzeitig deutlich mehr Jugendlichen mit guten Leistungen (B1 und darüber hinaus). Nimmt man Lesen, Hören und Schreiben zusammen, ist die Gruppe der schwachen Jugendlichen in Englisch um etwa zwei Drittel geschrumpft.

In Punkten ausgedrückt: Die Jugendlichen beherrschen das Lesen englischer Texte deutlich besser als sechs Jahre zuvor. Während 2013 durchschnittlich 524 Punkte erreicht wurden, steigerten sich die Englisch-Lernenden bei der Testung 2019 um 29 auf durchschnittlich 553 Punkte. Besonders das Ergebnis im Bereich Hören sticht hervor: Hier stiegen die mittleren Leistungen um 51 Punkte auf 587 Punkte.

Serien und Erasmus

Für die gemessenen Erfolge beim Hören und Lesen hatte Minister Faßmann mehrere Erklärungen parat, wobei er zugab, dass es sich dabei um "Hobbyinterpretationen" handelt. Zum Beispiel: "Englisch ist Teil der authentischen Alltagskultur der Schüler geworden." Das zeige sich etwa daran, dass junge Menschen Serien mittlerweile selbstverständlich in der englischen Originalsprache anschauen. Eine andere Ursache sei die bessere Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer, die verstärkt der "Generation Erasmus" entstammten und während ihres Lehramtsstudiums Erfahrungen im Ausland sammeln konnten.

... aber das Schreiben klappt nicht so gut

Schreiben liegt den Getesteten hingegen weniger: 23 Prozent der Jugendlichen kamen hier über A1-Niveau nicht hinaus. Das bedeutet, dass sie in der schriftlichen Kommunikation nicht einmal einfache Alltagssituationen bewältigen können. "Schreiben ist einfach schwieriger als Lesen und Hören", sagte Faßmann zur vergleichsweise schwachen schriftlichen Performance. Der Trend zeigt aber auch beim Schreiben nach oben, 2013 lagen noch 37 Prozent der Getesteten unter A1-Niveau. Beim durchschnittlichen Schreibniveau der Schüler gab es in den vergangenen sechs Jahren ebenfalls eine Verbesserung.

Deutliche Unterschiede nach Schultypen bleiben

Nach Schultypen aufgeschlüsselt: Grundsätzlich sind die Leistungsunterschiede zwischen Mittelschulen und AHS am Schrumpfen. Insgesamt erzielen AHS-Schüler immer noch bessere Ergebnisse, aber sowohl beim Lesen als auch beim Hören verringerten die Pflichtschüler den Abstand.

Blick auf den Bereich Lesen: In der AHS erreichen etwa zwei Drittel (69 Prozent) der Schülerinnen und Schüler das Niveau B1 oder darüber. Ein weiteres Drittel (31 Prozent) schafft es auf Level A2. Im Pflichtschulbereich hat etwa ein Viertel der Getesteten (27 Prozent) ein Ergebnis auf B1-Niveau, zwei Drittel (66 Prozent) zeigen Fähigkeiten auf A2-Level.

Auch in Bezug auf den Bidlungshintergrund gibt es nach wie vor beträchtliche Unterschiede in den Englischkenntnissen der Schüler. Jugendliche aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil Matura hat, liegen im Schnitt 46 Punkte vor jenen, deren Eltern keine Matura haben. Der Abstand zwischen den Gruppen konnte ein wenig verringert werden.

Faßmann: Englisch ab 2025 Pflicht in Volksschulen

Bis dato haben die Ergebnisse keinen Einfluss auf die Beurteilung der Schülerinnen und Schüler. Bildungsminister Faßmann will jedoch die Art der Messung auf neue Beine stellen – mit einer direkten Rückmeldung an die Lehrkräfte und damit Notenrelevanz. Künftig soll das Ganze dann statt informelle Kompetenzmessung (IKM) den Namen individuelle Kompetenzmessung (iKM plus) tragen und bereits in der dritten und siebenten Schulstufe verpflichtend durchgeführt werden. Außerdem sollen alle jungen Menschen dieser Altersstufe an den Testungen teilnehmen. Die Berichte werden dann künftig im Dreijahres-Rhythmus präsentiert. Geplantes Startdatum laut Faßmann: Herbst 2021/22.

Eine weitere Neuerung kündigte Faßmann in der Pressekonferenz am Freitag an. Ab 2025 soll Englisch schon ab der dritten Klasse Volksschule ein Pflichtgegenstand sein. Bereits jetzt wird Englisch in der Volksschule als verbindliche Übung unbenotet unterrichtet. Der Unterricht habe sich als Erfolgsmodell erwiesen, befand Faßmann. Künftig soll Englisch daher zu einem benoteten Pflichtgegenstand aufgewertet werden. (Theo Anders, Karin Riss, 21.2.2020)