Wenn Unis für Weiterbildungsstudien eng mit Unternehmen kooperieren, sollen Studierende mit einem besonderen Titeltyp abschließen, der den Zusatz "Professional" trägt.

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Die Industriellenvereinigung frohlockt. Der mächtige Unternehmerverband sieht das Weiterbildungspaket des Bildungsministeriums von Heinz Faßmann (ÖVP) durchwegs positiv. Im Unterschied zu vielen Hochschulen, die sich in der Begutachtung der Gesetzesnovelle unter anderem gegen die neuen Titel sträuben, die bald in Österreich – und nur in Österreich – Einzug halten sollen.

Faßmann will ja den undurchsichtigen Sektor der kostenpflichtigen hochschulischen Weiterbildungslehrgänge in das System der Bachelor- und Masterstudien integrieren. Nach Abschluss dieser Weiterbildungsstudien soll man sich künftig mit einem Bachelor / Master of Continuing Education (BCE/MCE) oder einem Bachelor / Master Professional (BAP/MAP) schmücken dürfen. Kritiker bemängeln unisono, dass diese Namenskreationen international unbekannt seien und über die Landesgrenzen hinweg kaum anschlussfähig wären.

Ministerium verspricht Konkretisierung

Doch noch ein weiterer Punkt des Gesetzesentwurfs lässt hellhörig werden. Der Titelzusatz "Professional" soll von Unis nämlich dann vergeben werden, wenn eine "erweiterte Zusammenarbeit mit einem außeruniversitären Rechtsträger" stattfindet. In diesen Studienformaten sollen "Kooperationen auch auf inhaltlicher Ebene ermöglicht werden, um zielgruppenspezifische Angebote etablieren zu können". Der Begriff "außeruniversitärer Rechtsträger" ist sperrig und schwammig, gemeint sein dürften aber etwa Standesvertretungen wie die Rechtsanwaltskammer oder auch Firmen. Aus dem Ministerium heißt es auf Anfrage, man werde noch an einer "Konkretisierung" des Begriffs arbeiten. Dass darunter auch kommerzielle Unternehmen fallen könnten, bestreitet man nicht.

IV hofft auf gemeinsam gestaltete Curricula

Die Industriellenvereinigung hält die Bestimmung jedenfalls für "sehr erfreulich", weil damit ein Rahmen für "gemeinsam gestaltete Curricula" geschaffen werde. Dürfen also Firmen bald darüber mitentscheiden, was in Uni-Studienplänen festgeschrieben wird? Sich gar im Abtausch gegen finanzielle Unterstützung für ihren betrieblichen Bedarf maßgeschneiderte Lernschwerpunkte ausbedingen?

Klar ist, dass dies die Zuständigkeit der Senate beschneiden würde, die derzeit an öffentlichen Unis allein für die inhaltliche Gestaltung von Lehrplänen verantwortlich sind. In den Senaten sind zur Hälfte Professorinnen und Professoren, zu je rund einem Viertel die Studierenden und der akademische Mittelbau sowie allgemeines Universitätspersonal vertreten. Sie beschließen demokratisch, welche Inhalte und Kompetenzen in einem Studium in welchem Ausmaß vorkommen. Diese Befugnis der Senate ist Bestandteil der verfassungsrechtlich verankerten Autonomie der Unis.

Uniko und Senate fordern Klarstellung

Die Universitätenkonferenz ortet folglich in den geplanten Bestimmungen zum Bachelor / Master Professional eine mögliche Einmischung in die Kompetenzen der Unis und fordert, dass der Gesetzesentwurf geändert wird. Es müsse klargestellt werden, "dass die Entscheidungsverantwortung für alle akademischen Angelegenheiten bei der Uni liegt". Das Bildungsministerium schreibt dem STANDARD, dass an der Zuständigkeit der Senate für Curricula nicht gerüttelt werde. Wie man sich in Faßmanns Ressort die inhaltliche Zusammenarbeit von Unternehmen und Unis konkret vorstellt, war aber nicht zu erfahren, auch hier wird eine "Konkretisierung" in Aussicht gestellt.

Über Details der Allianzen sollen künftig Verträge zwischen den Uni-Rektoren und den externen Rechtsträgern abgeschlossen werden. Darin sollen etwa Ziele, Finanzierung und Zuständigkeiten der Institutionen innerhalb der Kooperationspartnerschaft vereinbart werden. Gernot Kubin, Professor an der TU Graz und Vorsitzender der österreichischen Senatsvorsitzendenkonferenz, sieht das kritisch. Denn was wird passieren, wenn eine Firma mit dem Rektorat vor Einrichtung eines Studiums Inhalte paktiert, die den Qualitätsanforderungen des Senats nicht entsprechen?

Die Senate seien beim Studienplan nicht an externe Vorstellungen gebunden, auch nicht an inhaltliche Vorgaben des Rektorats, sagt Kubin. "Da sind Konflikte vorprogrammiert", prophezeit der Senatsvorsitzende im Gespräch mit dem STANDARD. Kubin pocht darauf, dass im Gesetz ein Passus eingefügt wird, wonach in Verträge mit Unternehmen keinerlei inhaltlichen Vorgaben aufgenommen werden dürfen.

Geheimhaltung für private Financiers

Die Verträge sollen übrigens laut Gesetz auf der Website der Unis hochgeladen werden – allerdings nicht vollständig. Geschäftsgeheimnisse sowie "private Finanzierungsquellen" dürfen der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Der Verfassungsdienst hält Letzteres in seiner Stellungnahme zur Novelle für fragwürdig und kann für die Intransparenz der privaten Finanzierung "keine Begründung" erkennen.

Das Bildungsministerium erwidert: Ein Geldgeber eines Uni-Lehrgangs könne ein "nachvollziehbares Interesse an der Geheimhaltung seiner Finanzierung" haben. Man werde aber auch an dieser Stelle noch am Gesetz tüfteln, das im Oktober in Kraft treten soll. (Theo Anders, 27.5.2021)