In ganz Europa treibt eine Hauptsorge Regierungen und Militärstrategen um: Wird Wladimir Putin es in der Ukraine wieder so machen wie im Februar 2014? Damals schlug der russische Präsident militärisch zu und annektierte die Krim, gerade als die Olympischen Spiele in Sotschi zu Ende gingen. 2022 könnte er aus Rücksicht auf seine Partnerautokraten in China zuwarten, bis die Spiele von Peking vorbei sind, um dann von Olympiafrieden auf Krieg umzuschalten.

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Ukrainischer Militärpanzer in der Region Kherson.
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In Österreich tut ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung so, als ginge sie das alles wenig an, als müsste man vor allem eines: sich heraushalten, nicht Partei ergreifen. Wie populär das ist, hat die Grazer KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr in der Pressestunde vorgeführt. Das russische Vorgehen sei zwar nicht in Ordnung, meinte sie, aber das könne kein Grund sein, sich dagegen zu stellen, sich klar zu einer Allianz mit den westlichen Partnern in EU – und auch der Nato – zu bekennen. Österreich sei zur Neutralität verpflichtet, solle "nicht zündeln", damit sei man seit Bruno Kreisky gut gefahren.

In sozialen Medien wurde Kahr dafür gefeiert. Was sie vertritt, ist ein wertfreier, rückwärtsgewandter Neutralismus. Österreich bekennt sich seit 30 Jahren zum EU-Prinzip, dass Solidarität vor Neutralität geht, wenn Freiheit, Demokratie, Menschenrechte bedroht werden. Das steht so im EU-Vertrag von Maastricht, am 7. Februar 1992 unterzeichnet. Es sollte im Sinne geistiger Landesverteidigung auch für die Ukraine gelten. (Thomas Mayer, 7.2.2022)