Es dauert nur noch drei Wochen, bis sich ein Untersuchungsausschuss sämtlichen Korruptionsvorwürfen gegen die ÖVP widmet. Doch schon im Vorfeld werden immer mehr Chats aus türkisen Machtzentren öffentlich, die die Kanzlerpartei unter Druck bringen. Allen voran jenen Nationalratspräsidenten, der dem Ausschuss eigentlich möglichst unverdächtig vorsitzen sollte: Wolfgang Sobotka.

Wolfgang Sobotka kann keine Untersuchung leiten, die sich mit der mutmaßlichen Korruption der eigenen Partei beschäftigt.
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Davon kann aber keine Rede mehr sein. Die Chats des langjährigen Kabinettschefs im Innenministerium, Michael Kloibmüller, liefern einen Einblick in das Innerste jenes Ressorts, das bis auf eine kurze blaue Episode seit Jahrzehnten in der Hand der ÖVP liegt. Sie zeigen, dass unter Sobotka als Innenminister bei Postenvergaben etwa in der Polizei vor allem eines zählte: das richtige Parteibuch. Andere Couleurs in wichtigen Positionen galt es mit allen Mitteln zu verhindern. Wie Chats nahelegen, soll es in Sobotkas Kabinett sogar eine eigene Liste gegeben haben, "die alle Interventionen mit Stand anführt".

Die Chats zählen zwar nicht zu den Aktenlieferungen der Ministerien an den Ausschuss, dürften aber spätestens durch den Ex-Grünen Peter Pilz Thema werden, der sie über Zackzack erstmals aufbrachte und als Auskunftsperson geladen ist. Sobotka kann unter diesen Umständen keine Untersuchung leiten, die sich mit der mutmaßlichen Korruption der eigenen Partei beschäftigt – er muss auf den Vorsitz verzichten. (Jan Michael Marchart, 9.2.2022)