Polens Staatspräsident Andrej Duda legte in Brüssel und Berlin erstaunliche Auftritte hin. Zunächst versicherte er Kommissionschefin Ursula von der Leyen, dass er dafür sorgen wolle, die Verstöße seiner Regierung gegen EU-Grundrecht zu beenden. Beim Treffen mit Kanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gab er dann den Supereuropäer: Die Ukraine-Krise sei "für EU und Nato die schwierigste Situation seit 1989". Man werde "alles tun, um Frieden zu bewahren", versicherten die drei Präsidenten.

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Der deutsche Kanzler Olaf Scholz, Polens Staatspräsident Andrej Duda und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
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Die Geschichte zeigt: Wenn Krieg droht, streiten und raufen sich die europäischen Staaten irgendwie zusammen, vergessen ihre Interessengegensätze. Es funktioniert aber nicht ohne US-Assistenz. Polen geht nicht aus Überzeugung auf die EU-Partner zu. Warschau wird von der Angst getrieben, dass ein Krieg in der Ukraine via Belarus überschwappen könnte.

Deutschland sucht noch nach seiner Rolle. Scholz kann sich nicht entscheiden. Er traut sich nicht aussprechen, dass Nord Stream 2 tot wäre, wenn Russlands Präsident Wladimir Putin zuschlüge. Umso aktiver zeigt sich Macron. Putin wollte lange nur mit den USA reden. Nun war der Franzose in Moskau.

Er hat die Führung der Außen- und Sicherheitspolitik in der EU übernommen, nicht weil er den EU-Vorsitz innehat und im Wahlkampf ist. Macron führt, weil es sonst keiner tut. Putin will weiter reden – und die EU weiter spalten. Ob der Friede gelingt, ist offen. Europa bekommt jedenfalls eine Neuordnung. (Thomas Mayer, 9.2.2022)