Linkedin soll ein Problem mit Hassrede haben.

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Facebook, Twitter, Telegram und Co kämpfen schon lange mit dem Vorwurf, Hassrede und Desinformation eine Plattform zu bieten. Insbesondere während der Corona-Pandemie verdeutlichte sich, dass extremistische Akteurinnen und Akteure soziale Netzwerke für die Mobilisierung ihrer Anhänger nutzen. In einschlägigen Gruppen vermischt sich häufig Maßnahmenkritik mit rechtsextremen Positionen – und Diskussionen münden teils in Gewaltfantasien wie den Mordplänen gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer.

In welchen Netzwerken Gefahren lauern, welche Konzerne reguliert werden müssen und welche nicht, schien dabei lange klar. Neben Facebook (noch immer die größte Social-Media-Plattform der Welt) steht vor allem der Messenger Telegram im Fokus. Dieser erlaubt die Erstellung von öffentlichen Gruppen und Kanälen mit teils hunderttausenden Mitgliedern. Hassrede und Desinformation löschen die Betreiber nur im Ausnahmefall, was inzwischen auch die deutsche Bundesregierung auf den Plan gerufen hat.

Vernetzung und Desinformation

Mit ähnlichen Problemen – wenn auch in geringerem Ausmaß – hat inzwischen offenbar auch das Karrierenetzwerk Linkedin zu kämpfen, berichtet die "Zeit". Neben der Möglichkeit, nach Stellenausschreibungen zu suchen und sich beruflich zu vernetzen, bietet es Funktionen, wie man sie von herkömmlichen Plattformen wie Facebook kennt. Also die Möglichkeit, beliebige Inhalte zu Posten, auf Wunsch angereichert mit Videos, Fotos und Hashtags.

Laut den Berichterstattern mischen sich unter Beiträge zu Karriereentscheidungen anderer Nutzer daher auch deutlich weniger harmlose Inhalte. Vor allem Desinformation über die Corona-Pandemie, die Impfung und vermeintliche Lügen der Regierung werden offen diskutiert, wie der STANDARD bei einer Überprüfung feststellen konnte. Der Unterschied zu Facebook und Co: Fast alle Nutzer veröffentlichen ihre Aussagen unter Klarnamen und mit Profilbild.

Antisemitismus nicht gelöscht

Das ist aber nicht alles. Selbst offen antisemitische Äußerungen soll Linkedin dem Bericht zufolge stehen lassen. Auch dann, wenn sie aktiv gemeldet werden. Als Beispiel wird der Fall einer Nutzerin genannt, die mit ihren Aussagen den Holocaust leugnete. Ihr Beitrag sei gemeldet worden, nicht aber gelöscht. Das Unternehmen soll auf die Beschwerde stattdessen mit dem Hinweis geantwortet haben, dass man den Beitrag überprüft habe, aber keinen Verstoß gegen die eigenen Richtlinien feststellen habe können. Um einen Einzelfall soll es sich dabei nicht handeln. Alleine letzten November gingen laut den Berichterstattern 1.600 Meldungen von Linkedin-Beiträgen bei hassmelden.de ein.

Erschwerend kommt hinzu, dass Linkedin derzeit nicht unter das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (Netz DG) fällt. Dieses verpflichtet Plattformbetreiber unter anderem zur Löschung relevanter Inhalte und zu gesteigerter Transparenz hinsichtlich der Moderation. Regeln, die für Linkedin bisher nicht gelten.

In einer Stellungnahme gegenüber dem STANDARD betont das Unternehmen, dass die eigenen Community-Richtlinien darlegen, "dass hasserfüllte, belästigende oder rassistische Inhalte auf unserer Plattform absolut keinen Platz haben und von uns nicht toleriert werden". Im Rahmen eines halbjährig veröffentlichten Transparenzberichts werde zudem dargelegt, wie viele Verstöße gegen die Richtlinien festgestellt wurden und welche Folgen aus diesen Erkenntnissen gezogen werden. (red, 7.3.2022)