Angesprochen auf SMS-Nachrichten, spricht Hans Bürger von einem "zynisch gemeinten Scherz" gegenüber einer Pressesprecherin, die er schon lange kennt.

Foto: Screenshot ORF

Wenn Politikerinnen und Politiker in die "ZiB 2" gehen, wissen sie: Sie können viel gewinnen, aber auch alles verlieren. Erleichtert könnte das Kabinett des damaligen Innenministers Wolfgang Sobotka (ÖVP) gewesen sein, als im Jänner 2017, einen Tag nach Sobotkas Auftritt in der "ZiB 2", eine Nachricht von Hans Bürger eintrudelte.

Bürger, einer der zentralen Manager der ORF-Information in Sachen Politik, schrieb: "Kennst Du einen Innenminister in den letzten zwei Jahrzehnten, der rhetorisch und inhaltlich einen besseren 'ZiB 2'-Auftritt hingelegt hat? Lg h – I net :-))". Die Nachricht stammt aus einem Chat-Konvolut des ehemaligen Kabinettschefs Sobotkas, Michael Kloibmüller, das auf dessen Handy gefunden wurden.

Den – sich doch recht begeistert lesenden – Befund des ORF-Innenpolitikchefs Fernsehen über Sobotkas "ZiB 2"-Interview hat Bürger an Katharina Nehammer geschickt, Ehefrau des heutigen Kanzlers Karl Nehammer (ÖVP) und damals Pressesprecherin des Innenministers. Nehammer wiederum leitete die Nachricht an Kloibmüller weiter.

"Feedback" von Bürger

Eine weitere Nachricht hatte Nehammer bereits rund einen Monat zuvor an Kloibmüller weitergeleitet. "Feedback von ORF-Innenpolitikchef Hans Bürger", schrieb sie und leitete im Anhang einen nicht näher identifizierbaren Chatverlauf weiter. Welche Nachrichten Bürger damals ins Kabinett des ÖVP-geführten Innenministeriums schickte, wollte er auf Anfrage nicht beantworten.

Über den ORF ließ Bürger ausrichten, dass es sich bei der Nachricht zu Sobotkas "ZiB 2"-Auftritt um einen "zynisch gemeinten Scherz" gegenüber einer Pressesprecherin gehandelt habe, die er schon lange kannte. Es sei eine "persönliche und private Wertung eines ORF-Journalisten" gewesen, die keinerlei Rückschlüsse auf die ORF-Berichterstattung zulasse, erklärte der ORF in einer Stellungnahme: Die tägliche Arbeit der ORF-Redaktion erfülle stets alle Kriterien der Objektivität und Ausgewogenheit.

Seit 2002 Chef der ORF-Innenpolitik

Bürger ist ein ORF-Urgestein. Zur Zeit der ersten schwarz-blauen Regierung – unter der ÖVP-nahen ORF-Generaldirektorin Monika Lindner– wurde er 2002 zum Innenpolitik-Chef der ORF-Fernsehinformation ernannt. Auch für das Innenpolitikressort im geplanten multimedialen Newsroom am Küniglberg gilt er als aussichtsreicher Kandidat.

Zuvor war er Redakteur der "ZiB 1" und ab 1998 – da war der von der SPÖ unterstützte Gerhard Weis ORF-Generalintendant – mit der "Planung Inland und EU" betraut, damals gab es laut Bürger keine klassischen Ressorts in der "ZiB"-Redaktion. Derzeit tritt Bürger als Analyst und Kommentator der wichtigsten innenpolitischen Ereignisse auf. Zu Sobotkas Auftritt in der "ZiB 2" im Jahr 2017 bezog Bürger im ORF keine Stellung.

Nowak-Chats

Bürger ist nicht der erste langgediente Innenpolitik-Journalist des Landes, dessen Chats eine augenscheinliche Nähe zu Politikern nahelegen. "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak steckte dem ÖVP-geführten Finanzministerium im Jahr 2017 Pläne der Opposition. "Wichtigtuer", schrieb Nowak über die Neos an den ÖVP-Mann und damaligen Generalsekretär sowie Kabinettschef des Finanzministeriums, Thomas Schmid.

Schmids Handy wurde von Korruptionsermittlern der WKStA sichergestellt. Die Nachrichten von Kloibmüllers Smartphone dürften über die damalige IT-Abteilung im Innenministerium an die Öffentlichkeit gelangt sein. Dazu läuft ein Strafverfahren gegen einen ehemaligen Beamten. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Laurin Lorenz, 15.3.2022)