Mit einer Autokratie Krieg führen, mit der anderen ein Gipfeltreffen abhalten und über wirtschaftliche Belange sprechen – geht das? Eigentlich sollte es beim EU-Gipfel mit China um den Abbau von Handelshemmnissen, Klimaschutz und Biodiversität gehen. Jetzt aber ist das bestimmende Thema Russland und die Ukraine – und das wirft nicht nur Fragen zu Pekings Haltung auf.

Beim EU-Gipfel mit China ist das bestimmende Thema Russland und die Ukraine.
Foto: EPA/OLIVIER MATTHYS / POOL

Die Regierungen der EU-Staaten erwarten von China eine eindeutigere Stellungnahme im Ukraine-Konflikt. Staatspräsident Xi Jinping soll endlich die russische Invasion verurteilen und sich an den Sanktionen der westlichen Staaten beteiligen. Bisher fährt die Kommunistische Partei einen Schlingerkurs. Zwar unterläuft Peking die Sanktionen gegen Russland nicht, im Inneren des Landes aber läuft die antiwestliche, prorussische Propagandamaschine auf Hochtouren. In den Medien des Landes ist von der "aggressiven Nato-Expansion" die Rede.

Dass die EU sich eine klarere Positionierung von Peking erwartet, ist wichtig und richtig. Nur sollte sich Brüssel auch fragen, von wem man hier was fordert. Die militärischen Drohgebärden gegen Taiwan haben mit Xi Jinping massiv zugenommen. Fast täglich dringen Kampfjets in den Luftraum der Insel ein. Kritiker des Kurses oder gar Dissidenten sind verstummt oder sitzen im Gefängnis. Gegen die Tibeter und die Uiguren betreibt Peking einen kulturellen Genozid. Überwachung bestimmt den Alltag der Chinesen.

Vielleicht sollte sich die EU auch eindeutiger gegenüber Peking positionieren und konsequent Menschenrechtsverletzungen ansprechen. Wirtschaftliche Abhängigkeit zählt angesichts der Sanktionen gegen Moskau als Schweigeargument nicht mehr. Wer mit einem Regime Krieg führt und das andere hofiert, verliert an Glaubwürdigkeit. (Philipp Mattheis, 1.4.2022)