Ausgetrickst. Russland umgeht mit der Abwicklung der Gasdeals über eine Geschäftsbank, die im Gegensatz zur Zentralbank nicht mit Sanktionen belegt ist, offenbar recht erfolgreich die Sanktionen. Zumindest in ökonomischer Hinsicht fängt die russische Wirtschaft damit einiges ab. Der Rubel hat sich stabilisiert. Unmittelbar nach dem Einmarsch der Russen in die Ukraine hat die Währung saftig an Wert und die russischen Bürger und Bürgerinnen damit an Kaufkraft und Wohlstand verloren. Putins Krieg macht seine Landsleute wohl noch deutlich ärmer. Daran werden all die Versuche, die Sanktionen zu umschiffen und die Wirtschaft neu aufzustellen, nichts ändern.

Dauert der Krieg länger, könnte die Teuerung auf neun Prozent klettern.
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Richtig dramatisch trifft es die Ukraine. Abgesehen vom menschlichen Leid für Flüchtende und Ausharrende – der Wiederaufbau wird nach dem Ende des Krieges Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern. Die Wohlstandsverluste bleiben aber nicht auf Russland und die Ukraine beschränkt. Weltweit werden die Wachstumsprognosen zurückgeschraubt. Zu verflochten sind die Volkswirtschaften in einer globalisierten Welt, als dass die Auswirkungen nicht alle spürten. Durch höhere Energiepreise, durch Engpässe bei Rohstoffen, durch Ernteeinbrüche in der Ukraine. Alle werden ärmer. Der Preis ist aber nicht für alle gleich hoch.

Österreich ist in erster Linie durch die Abhängigkeit von russischem Gas betroffen. Der Preis ist damit jetzt schon enorm hoch. Die Inflation ist auf über sechs Prozent gestiegen. Ist damit schon der Plafond erreicht? Keineswegs. Dauert der Krieg länger, könnte die Teuerung auf neun Prozent klettern. Stiegen wir plötzlich aus russischem Gas aus, könnten die Preise für Güter und Energie davongaloppieren. Dass die Übung eines raschen Gasausstieges gelingen könnte, ist keineswegs gewiss. Aber man könnte es versuchen.

Wohlstandsverlust

Österreich müsste Alternativen suchen – das berühmte "Koste es, was es wolle", käme ins Spiel. Fachleute streiten darüber, wie hoch die Kosten wären. Zahlenspiele gibt es allemal. Fix ist schon jetzt: Der Krieg ist auch für uns teuer, und der Preis könnte weiter steigen. Können wir uns das leisten? Um den Preis eines noch größeren Wohlstandsverlustes könnten wir wohl. Müssen wir uns das leisten? Eine moralische Frage, die nicht leicht zu beantworten ist. Sicher ist, dass Wohlstandsverlust die Ärmsten immer zuerst trifft. Das gilt hierzulande ebenso wie weltweit. Österreich kann es sich zumindest leisten, die Schwächsten zu unterstützen.

Aber wer trägt überhaupt die Schuld an der Misere? Man darf sie ruhig benennen: die OMV, die voll auf ihre Russland-Connection setzte und wider besseres Wissen auf das Prinzip Diversifizierung pfiff, der Staat war Mittäter. Profitiert hat aber ganz Österreich. Unter anderem von den günstigen Energiepreisen, die es der Wirtschaft ermöglichten zu prosperieren, das sorgte für Wohlstand.

Und jetzt? Jetzt heißt es retten, was zu retten ist – durch halbwegs weitsichtige Politik. Das heißt: Budgetdisziplin, Hilfen gezielt an die Ärmsten verteilen – und alles, wirklich alles tun, damit der Umstieg auf alternative Energie rasch gelingt. Und eines ist auch klar: Die Bürger und Bürgerinnen haben es verdient, dass man ihnen reinen Wein einschenkt. Das ist das Mindeste, was man von der Politik erwarten darf. Sie muss erklären, was auf uns zukommt, auch wenn – und gerade weil – es uns allen wehtun wird. (Regina Bruckner, 2.4.2022)