In den meisten Fällen werden Mieterinnen und Mieter ab dem kommenden Jahr keine Maklerprovision mehr zahlen müssen.

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Es wurden dann doch noch 127 Stellungnahmen zur Änderung des Maklergesetzes, die eingingen und auf der Website des Parlaments nun großteils abrufbar sind. Die allermeisten davon wurden in den letzten Tagen vor dem Ende der Begutachtungsfrist per 4. Mai eingesendet. Kein Wunder, denn auf dem jüngsten "Makler-Dialog" des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI) am vergangenen Dienstag wurde mehrmals dazu aufgerufen, seinen Unmut über die Einführung des Bestellerprinzips kundzutun. Man müsse "Kante zeigen", denn sonst werde dies als Zustimmung betrachtet, sagte ÖVI-Präsident Georg Flödl in seiner Eröffnungsrede.

Zahlreiche Maklerinnen und Makler folgten dem Aufruf, beispielsweise der Wiener Fachgruppenobmann Michael Pisecky oder auch ÖVI-Maklersprecher Robin Kalandra. Michael Pfeifer, oftmaliger Gewinner des Wiener Maklerqualitätspreises Immy, hatte sich schon zuvor per Stellungnahme zu Wort gemeldet und unter anderem darauf hingewiesen, dass er sich wegen der Gesetzesänderung nun von einer langjährigen Mitarbeiterin werde trennen müssen.

"Politik wollte nicht hören"

"Die Kleinen trifft es am härtesten", sagte Kalandra auf der Veranstaltung. 2017 habe man das Bestellerprinzip noch abwenden können, ab 2019 sei aber relativ klar gewesen, dass es komme – auch wenn man dann "zwei Jahre lang versucht" habe, es doch noch zu verhindern. "Aber die Politik wollte nicht zuhören." Politikerinnen und Politiker habe man zu Veranstaltungen eingeladen, auf denen unter anderen Christian Osthus vom deutschen Verband IVD über die Erfahrungen mit dem Bestellerprinzip in Deutschland berichtete – "aber die entscheidenden Politikerinnen und Politiker kamen nicht", bedauerte Kalandra.

Anschließend nahmen ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel und Carl Knittl, Rechtsanwalt und Experte für das Maklergesetz, den Entwurf quasi Wort für Wort auseinander. Knittl war schon 1996 bei den Verhandlungen für das Maklergesetz dabei.

Kaum Ausnahmen, viele Fragen offen

Die beiden kritisierten zunächst, dass es kaum Ausnahmen vom bzw. Beschränkungen des Bestellerprinzips geben soll – also etwa auf reine Konsumentengeschäfte oder je nach Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes –, einzige Ausnahme seien Dienstwohnungen. Die Branche hätte sich beispielsweise eine Ausnahme für hochpreisige Wohnungen gewünscht, die man analog zum Mietrechtsgesetz (MRG) bei mehr als 130 Quadratmeter großen Wohnungen ansetzen hätte können. Auch für die Vermietung von Einfamilienhäusern, die bekanntlich nicht dem Mietrechtsgesetz unterliegt, wäre eine Ausnahme für die Branche denkbar gewesen, bzw. wurde eine solche in einem eigenen Entwurf, der 2020 dem Justizministerium übermittelt wurde, auch gleich selbst vorgeschlagen.

Und dann ging es etwa darum, dass der Begutachtungsentwurf noch viele Fragen offenlasse. Im ersten Absatz des neuen Paragrafen 17a des Maklergesetzes soll es etwa heißen, dass ein Makler "mit einem Wohnungssuchenden als erstem Auftraggeber" auch dann keine Provision vereinbaren könne, "wenn (...) der Vermieter oder der Verwalter am Unternehmen des Maklers unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist oder selbst, durch Organwalter oder durch andere maßgebliche Personen Einfluss auf dieses Unternehmen ausüben kann".

Was genau unter "maßgeblich" und unter "Organwaltern" in diesem Zusammenhang zu verstehen sei, sei offen, sagte Knittl.

"Schwer fassbare" Begriffe

Auch Holzapfel sprach von "lauter allgemeinen Begriffen, die schwer fassbar sind". Denn es sei ebenso offen, was der im Absatz drei erwähnte "eingeschränkte Interessentenkreis" genau sei, wenn es dort heißt: Eine Provision sei unzulässig, "wenn der Makler eine zu vermietende Wohnung mit Einverständnis des Vermieters inseriert oder zumindest für einen eingeschränkten Interessentenkreis auf andere Weise bewirbt".

Bezüglich der oben erwähnten "Einfluss"-Regelungen wird in einer Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs außerdem darauf hingewiesen, dass die vorgeschlagene Formulierung nur jene Fälle erfasse, "in denen Vermieter (Verwalter) und Makler miteinander wirtschaftlich durch 'Über- oder Unterordnung' verbunden sind". Handle es sich aber gesellschaftsrechtlich sozusagen um "Schwester"-Gesellschaften mit gemeinsamer Mutter, liege "weder eine Beteiligung vor, noch hat der eine Einfluss auf den anderen".

"Zum Türöffner degradiert"

Generell sieht man in der Immobranche aber – das ging aus den Ausführungen Holzapfels und Knittls auf der ÖVI-Veranstaltung klar hervor – wenig Spielräume, mieterseitige Provisionen zu lukrieren. Genau das werde aber schließlich dazu führen, dass Mieterinnen und Mieter schlicht nicht mehr erwarten werden können, dass sich Maklerin oder Makler für sie ordentlich "ins Zeug legt".

"Wenn der Immobilienmakler nur noch den Vermieter vertritt, entfällt seine direkte Haftung gegenüber dem Mieter. Schadenersatz für irreführende Aussagen, die eine zivilrechtliche Anfechtung des Mietvertrags ermöglichen, würden allenfalls vom Vermieter im Regressweg von ihm eingefordert werden können", heißt es dazu in der Stellungnahme des ÖVI. Dem Wohnungssuchenden gegenüber seien Makler dann aber nicht mehr in der Pflicht, "und dadurch werden wir erst durch diese Gesetzesänderung zu genau dem gemacht, was uns bisher schon immer nachgesagt wurde: dass wir reine Türöffner sind", sagte Kalandra auf der ÖVI-Veranstaltung.

Fast gleichlautend äußerte sich dazu auch die Rechtsanwaltskammer in ihrer Stellungnahme: Auch sie sieht die Maklerinnen und Makler dadurch "auf bloßes Türaufsperren" reduziert. "Eine der wesentlichen Funktionen der Immobilienmakler, nämlich die Beratung und Interessenwahrung gegenüber ihren Auftraggebern", werde somit "vernichtet".

AK: Kein ausreichender Schutz vor Umgehungen

Ganz anders wiederum die Tonalität von Mieterschützern. Die Arbeiterkammer (AK) sieht es in ihrer Stellungnahme als fraglich, ob der Schutz vor "systematischen Umgehungen" des Bestellerprinzips tatsächlich halten wird, was die Regierung versprach. In den Materialien des Entwurfs werde zwar betont, dass man sich am deutschen Bestellerprinzip orientiere, doch der Inhalt des österreichischen Modells sei nun doch erheblich anders.

Denn im Gegensatz zu Deutschland sehe dieses kein Provisionsverbot "mit vom Makler zu beweisenden Ausnahmen" vor. "Vielmehr können Wohnungssuchende zu leicht in die Rolle als provisionspflichtige Erstauftraggeber gedrängt werden." Mieterinnen und Mieter treffe vielmehr die Beweislast dafür, "dass die Einbeziehung des Maklers in Wahrheit ursprünglich vom Vermieter ausgegangen ist"; diese Beweisführung sei schwierig und auch unzumutbar.

Die Arbeiterkammer schlägt deshalb vor, dass die Beweislast bei den Maklerinnen und Maklern liegen sollte; also die Beweisführung dafür, "dass sie erst nach Erteilung des Suchauftrages Kenntnis von der Vertragsgelegenheit erhalten haben".

Und man wünscht sich – neben derzeit nicht zur Debatte stehenden Dingen wie der Einführung des Bestellerprinzips auch bei Kaufgeschäften – auch, dass die "Tätigkeit von Adressbüros" in der Gewerbeordnung verboten wird. "Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, dass solche Firmen vom Wohnungssuchenden bloß für das Nennen von Adressen Entgelt erhalten, ohne dass überhaupt ein Mietvertrag zustande kommt."

A-Meta-Vereinbarungen

Einzelne Regelungen des Entwurfs werden auch von der Arbeiterkammer "extrem komplex" genannt, außerdem sieht man sogenannte A-Meta-Vereinbarungen, also die Zusammenarbeit zweier Makler, in dem Entwurf nicht ausreichend abgebildet. Diese würden in der Praxis häufig vorkommen.

Die AK bringt dazu ein Beispiel: Ein Vermieter erteilt einen Vermittlungsauftrag an einen Makler und vereinbart mit diesem die Provisionsfreiheit. Der Makler schließt eine A-Meta-Vereinbarung mit einer Maklerin eines anderen Büros. Diese hatte mit dem Vermieter nie Kontakt, deshalb wäre bei der erfolgreichen Vermittlung an eine Wohnungssuchende von dieser auch eine Provision an die Maklerin zu zahlen. Für die beweispflichtige Mieterin wären die Vorgänge "unmöglich nachzuweisen"; in Deutschland wäre sie in diesem Fall aber jedenfalls provisionsfrei, argumentiert man bei der Arbeiterkammer.

Ebenso sieht man eine Umgehungsmöglichkeit darin, dass eine Vermieterin mit einem Makler dessen "Tätigwerden" vereinbart, ohne einen expliziten Auftrag zu erteilen. Denn dann gelte die Vermieterin nicht als Erstauftraggeberin; eine Provision vom Wohnungssuchenden wäre dann nach Ansicht der AK ebenfalls möglich.

Höhere Strafen

"Extrem komplex" nennt auch die Arbeiterkammer die geplanten Regelungen. Wegen noch vieler offener Fragen sei es zudem fraglich, welche "Schutzwirkung" für Wohnungssuchende die Gesetzesänderung mit sich bringen werde. Denn Möglichkeiten zur Umgehung erkennt man viele, auch die neue Dokumentationspflicht für Maklerinnen und Makler ist aus Sicht der Arbeiterkammer "unzureichend". Denn es handle sich dabei – wie auch Knittl auf der ÖVI-Veranstaltung betonte – um eine "reine Ordnungsvorschrift, deren Verletzung nicht die Gültigkeit des Maklervertrags hindert".

Und auch die Höhen der (neuen) Verwaltungsstrafen für Maklerinnen und Makler, die das Maklergesetz verletzen, sollten nach Ansicht der AK angehoben werden. Vorgesehen sind bis zu 3.600 Euro, die Höhe sollte sich aber "im Rahmen der schon geltenden Bestimmung des § 27 Abs 5 MRG bewegen (15.000 Euro)", heißt es in der AK-Stellungnahme; "damit eine abschreckende Wirkung entsteht und sich ein Zuwiderhandeln nicht rentiert". (Martin Putschögl, 7.5.2022)