So ganz an das Original kommt er nicht heran, auch wenn er sich bemüht. Der blaue Roboterhund tappst etwas unbeholfen durch den Raum. Statt einer feuchten Nase hat er ein flaches Gesicht, das an diversen Stellen blinkt, und auf seinem Rücken trägt er statt einer großen Portion Flausch eine massive Kamera. "Wir dürfen ihn leider noch nicht autonom laufen lassen", sagt Daniel Volk, Senior Project Team Leader, mit einem Controller in der Hand. "Deswegen sind das gerade unsere Nachtschichten."

Foto: Pollerhof

Der Hightech-Hund, genannt "Spot", ist ein gemeinsames Projekt von Drees & Sommer und dem Start-up Faro. Mit seiner aufgeschnallten Kamera scannt er Baustellen und überprüft diese beispielsweise auf Fehler, Absackungen oder generelle Veränderungen, und das genauer, als es ein Mensch jemals könnte. Auch schneller? "Das Scannen dauert genauso lang, aber die Datenübertragung ist sehr viel schneller. Insgesamt sparen wir damit 50 Prozent der Zeit ein."

Im Innovation Hub von Drees & Sommer in Stuttgart dreht sich alles um die Zukunft. Und um die Zusammenarbeit mit Start-ups, die diese bereits heute auf den Markt bringen wollen. Die Partnerschaften ergeben für beide Seiten Sinn. Drees & Sommer muss keine eigenen Abteilungen für diese Dienstleistungen aufbauen, die Start-ups profitieren von Know-how, Geld und einem Netzwerk. Und damit dürfte der Konzern den Zeitgeist erfasst haben. Für das Jahr 2022 wird vorhergesagt, dass die Investitionen in Proptechs (also Start-ups in der Baubranche) eine Milliarde US-Dollar übertreffen sollen.

Digitalisierung von Baustellen und Materialien

Dabei geht es oft um die Digitalisierung der kompletten Branche – Schritt für Schritt. So auch bei Imerso. Das Start-up hat sich darauf spezialisiert, Baustellen oder Bestandsgebäude zu scannen, um einen digitalen Zwilling zu erstellen. Dieser soll dann das Planen oder das spätere Verwalten per Building Information Modelling (BIM) erleichtern und unter anderem automatisch Fehler in jeder Phase erkennen. In Zukunft vielleicht sogar zusammen mit Spot? Wer weiß.

Madaster geht hingegen einen anderen Weg. Das Proptech ist eine Art Materialien-Plattform. Wer sein Gebäude hier einspeist, bekommt eine detaillierte Übersicht darüber, wie groß der Anteil beispielsweise mineralischer oder Kunststoff-Materialien in der Fassade ist. Diese lassen sich dann auf ihren zirkulären Wert (wie gut kann ein Material in eine Kreislaufwirtschaft eingebunden werden) oder ihren aktuellen Marktpreis untersuchen.

V.Create ist hingegen ein Tool, mit dem Büroimmobilien digital bestückt werden können. Dabei soll es ähnlich wie ein BIM-Modell funktionieren, ohne dass man jedoch die dafür nötigen Vorkenntnisse braucht. Die Demo zeigt: Es ist kinderleicht. Man gibt einfach die Anzahl der Büroplätze an, die Software rechnet automatisch aus, welche Grundfläche dafür benötigt wird. Und dann kann per Drag-and-drop-System gleich losgelegt werden. Hier kommt die Küche hin, dort ein Telefonkammerl, und noch ein Konferenzraum kann auch nicht schaden. Dabei soll es sich aber keinesfalls um ein DIY-Tool handeln, schließlich geht es bei der Planung der Büroinnenarchitektur um mehr als nur ein simples Verteilen von vorgefertigten Baustücken. Laut Drees & Sommer soll V.Create vor allem dabei helfen, Kundinnen und Kunden besser zu veranschaulichen, was sich die Expertinnen und Experten ausgedacht haben.

Mit Honig zum passenden Grundstück

Ein Start-up, das zwar auch auf Digitalisierung setzt, dabei aber eher die Nachhaltigkeit von Gebäuden im Sinn hat, ist Beeodiversity. Mit Hilfe von eigenen Bienenstöcken untersucht das Proptech die Auswirkungen von Neubauten auf die unmittelbare Umgebung – indem es den Honig untersucht, den die Bienen dort produzieren. Welche Pestizide sind im Boden vorhanden, wie groß ist die Diversität der Flora und Fauna im Umkreis, und welche Pflanzen müsste man nach dem Bau integrieren, um diese Diversität nicht zu stören? Denn das Tool kann auch genutzt werden, um das passende Grundstück zu finden.

Um die Immo-Branche weiterhin in Sachen Digitalisierung zu fördern, gibt es auch die Plattform Match. Diese vermittelt zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen wie eine Dating-App. Beide Seiten geben ihre Bedürfnisse, Präferenzen und Eigenschaften ein, die Software versucht die richtigen Paare dann miteinander zu verkuppeln.

Wie viele dieser Start-ups ist auch Spot, der Robo-Mess-Hund, noch nicht in einer rentablen Phase. Ein Modell kostet rund 250.000 Euro, es gibt nur wenige Baustellen, auf denen er eingesetzt werden kann, zudem muss immer ein Mitarbeiter abgestellt sein, um ihn zu steuern, und das meist nachts. Aber bei Drees & Sommer ist man davon überzeugt, Vorreiter für die Zukunft zu sein. Wenn irgendwann auf allen Baustellen Hunderte von Spots umherwuseln. Immerhin muss mit denen niemand Gassi gehen. (Thorben Pollerhof, 14.5.2022)