Ein großer Teil der Weltjahresproduktion landet in der Natur. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep) schätzt, dass etwa 100 Millionen Tonnen jedes Jahr in den Ozeanen landen.

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Viele leichte Verpackungsarten sind aus Polyethylenterephthalat. Bekannter ist der Kunststoff unter der Bezeichnung PET, und er wird vor allem für Plastikflaschen, Textilien und Folien eingesetzt. Rund 20 Prozent des jährlichen Plastikmüllaufkommens bilden PET-Abfälle – und das ist ein gewaltiges Problem für die Umwelt. Seine Haltbarkeit, für die Nahrungsmittelindustrie ein Segen, ist für die Umwelt ein gewaltiger Fluch.

Das PET in unseren Adern

Noch in Jahrhunderten wird man die Reste von jenen PET-Flaschen finden, die heute produziert werden. Es gibt nur wenige Orte, wo PET in Form von Mikro- und Nanoplastik nicht bereits nachgewiesen wurde; sogar durch unsere Adern wird es gespült, wie ein Team von der Universität Amsterdam zuletzt berichtet hat.

Um den schädlichen Kunststoff nachhaltig loszuwerden, wird in verschiedene Richtungen geforscht. Bakterien haben bei Experimenten bereits bewiesen, dass sie einen Beitrag zum Abbau des Flaschenberges leisten können. Auch Mikrobengemeinschaften aus Rindermägen wurden schon erfolgreich auf PET angesetzt. Die von den Mikroorganismen produzierten plastikabbauenden Enzyme können die Zerfallsraten von PET deutlich verkürzen, wie auch heimische Forscherinnen und Forscher zeigen konnten.

Kostbarer Fund auf dem Komposthaufen

Nun haben Forschende von der Universität Leipzig ein neues hocheffizientes Enzym entdeckt, das PET in bisher unerreichter Geschwindigkeit abbaut. Das Enzym PHL7, das das Team um Christian Sonnendecker auf einem Leipziger Laubkomposthaufen fand, könnte biologisches PET-Recycling erheblich beschleunigen.

Insgesamt entdeckte und untersuchte das Team sieben verschiedene Enzyme. Der letzte Kandidat mit der Kennzeichnung PHL7 schließlich erwies sich als Volltreffer: In den Versuchen gaben die Forschenden PET in Behälter mit einer wässrigen Lösung, die entweder PHL7 oder LCC, die bisherigen Spitzenreiter bei der PET-Zersetzung, enthielt. Der Vergleich der Mengen an Plastik, die im gleichen Zeitraum und unter gleichen Bedingungen abgebaut wurden, lieferten ein eindeutiges Ergebnis: Innerhalb von 16 Stunden zersetzte PHL7 90 Prozent des verabreichten "PET-Futters". In der gleichen Zeit schaffte LCC gerade einmal 45 Prozent.

Biologisches PET-Recycling hat Vorteile

"Unser Enzym ist also doppelt so aktiv wie der Goldstandard unter den polyesterspaltenden Hydrolasen", freut sich Sonnendecker. Eine Kunststoffschale, in der im Supermarkt zum Beispiel Weintrauben verkauft werden, ließ sich mit PHL7 in weniger als 24 Stunden zersetzen. Die Forscher fanden überdies heraus, dass ein einziger Baustein des Enzyms für die überdurchschnittlich hohe Aktivität verantwortlich ist: An der Stelle, wo andere bereits bekannte polyesterspaltende Hydrolasen einen Phenylalanin-Rest enthalten, trägt PHL7 ein Leucin, wie die Autorinnen und Autoren im Fachjournal "Chem Sus Chem" berichten.

Biologisches PET-Recycling weist einige Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Recyclingmethoden auf. Diese setzen vor allem auf thermische Verfahren, bei denen der Plastikmüll bei hohen Temperaturen eingeschmolzen wird. Dieser Prozess kostet viel Energie, und die Qualität des Kunststoffs sinkt mit jedem Recyclingzyklus. Enzyme hingegen benötigen für ihre Arbeit lediglich eine wässrige Umgebung und eine Temperatur von 65 bis 70 Grad Celsius.

Prototyp in zwei, drei Jahren

Ein weiterer Pluspunkt: Sie zersetzen das PET in seine Bestandteile Terephthalsäure und Ethylenglycol, aus denen sich im Anschluss wieder neues PET herstellen lässt – ein geschlossener Kreislauf entsteht. Bislang wird biologisches PET-Recycling jedoch nur von einer Pilotanlage in Frankreich erprobt. Die Gruppe vom Institut für Analytische Chemie der Universität Leipzig sucht für ihren Hochgeschwindigkeits-Biokatalysator nun nach Industriepartnern. In der Zwischenzeit arbeiten die Forschenden an einem Prototyp, der im Verlauf der nächsten zwei bis drei Jahre entstehen soll. (red, 16.5.2022)