Gemeinnützige Wohnungen entstehen eher am Stadtrand, wo die Grundstücke noch günstiger sind.

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In den letzten Jahren haben sich in Wien an vielen Ecken die Baukräne gedreht. Insgesamt wurden zwischen 2018 und 2021 in Wien 58.000 Wohnungen errichtet – und damit eigentlich sogar mehr, als gebraucht wurden. Das Bevölkerungsplus lag in diesem Zeitraum nämlich nur bei 43.000 Menschen.

Den Regeln des Marktes folgend müssten angesichts eines Überangebots eigentlich die Preise fallen. Doch das Gegenteil war der Fall: Für neue Eigentumswohnungen sind die Preise in den letzten vier Jahren um 31 Prozent, die Mieten im freifinanzierten Neubau um zwölf Prozent gestiegen. "Der Wiener Wohnungsmarkt ist eigentlich keiner mehr", resümierte Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunal & Wohnen bei der Arbeiterkammer. Stattdessen werden immer mehr Wohnungen von Einzelpersonen und Unternehmen als Geldanlage gekauft.

Das zeigt eine Studie der Arbeiterkammer, für die von der TU Wien – im Forschungsbereich für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik – der Wiener Wohnungsmarkt zwischen 2018 und 2021 durchleuchtet und die am Donnerstag präsentiert wurde.

Mehr Investoren

2021 waren es fast 5.000 Wohnungen, die an institutionelle Anleger gingen. Auch internationale Investoren – vorrangig aus Deutschland, aber auch mit Sitz in den USA oder Luxemburg – haben sich bereits eingekauft. Wohlgemerkt: Die beiden Investoren, die im Untersuchungszeitraum die meisten Wohnungen in Wien erworben haben, waren mit der Bank Austria Real Invest Immobilien-Kapitalanlage (1.595 Wohnungen) und der Erste Immobilien Kapitalanlagegesellschaft (1.459 Wohnungen) zwei österreichische. Erst danach folgt im Ranking mit deutlichem Abstand die deutsche Art-Invest.

Leonhard Plank, einer der Studienautoren, sieht auch ein zunehmendes Problem mit dem Wohnungsleerstand im freifinanzierten Neubau. Ein Indiz: In den neu errichteten Wohnungen gab es laut Studie weniger Hauptwohnsitzmeldungen als im gesamten Wiener Wohnungsmarkt. Auch in den geförderten Mietwohnungen sei der Leerstand deutlich geringer. Methodisch sei das zwar nur ein erster Schritt, die Studienautoren sehen hier dennoch Handlungsbedarf. Empfohlen wird eine transparente und regelmäßige Leerstandserhebung, um zielgerichtete Mobilisierungskonzepte zu entwickeln. Ein weiterer Hebel sei, Leerstand ökonomisch unattraktiver zu machen, etwa durch eine Anhebung der Fixkosten.

Konkret wurden in den letzten vier Jahren von gewerblichen Bauträgern 20.000 Eigentumswohnungen sowie 16.500 Mietwohnungen errichtet, ein Viertel der Mietwohnungen mit Wohnbauförderung. Gemeinnützige Bauvereinigungen wiederum haben 21.000 Wohnungen fertiggestellt, davon 17.500 Miet- und 3.500 Eigentumswohnungen. Ein Unterschied: Während die freifinanzierten Wohnungen über die Stadt verteilt sind, findet man die geförderten Wohnungen überwiegend am Stadtrand, aufgrund der hohen Grundstückspreise.

Leerstandsabgabe, Mietrechtsreform

Um das Wohnen wieder leistbarer zu machen, wurden beim Pressegespräch von der Arbeiterkammer Maßnahmen verlangt: "Diese eine Forderung, die das Problem löst, gibt es nicht", betonte Thomas Ritt. Um die Spekulation mit Wohnraum zu unterbinden, wird eine bundesgesetzliche Leerstandsabgabe gefordert, außerdem das Abschaffen befristeter Mietverträge, die mittlerweile bei neu abgeschlossenen Mietverträgen Standard geworden sind.

Weiters fordert die AK das Abschöpfen von Gewinnen durch Spekulation, etwa in Form von städtebaulichen Verträgen. Es brauche auch mehr öffentliche Grundstücke für den sozialen Wohnbau und das Eindämmen von Mieterhöhungen. Die Kategoriemieten in Altbauten könnten heuer, wie berichtet, noch ein drittes Mal angehoben werden. Das soll so lange gelten, bis eine Mietrechtsreform kommt, hieß es beim Pressegespräch. Eine solche wurde schon von mehreren Regierungen angekündigt – und am Ende doch nicht geliefert. (Franziska Zoidl, 24.6.2022)