Mediensprecherin Henrike Brandstötter findet es "nicht gerechtfertigt, ORF.at als einziges Qualitätsmedium, alleiniges Bollwerk gegen Fake News und als Hort von Seriosität zu betrachten."

Foto: Florian Albert

In der Debatte um die größte Onlinenachrichtenseite des Landes legt Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter jetzt nach. Das Onlineangebot des Öffentlich-Rechtlichen sei nämlich besonders beliebt, wenn es um Sportnachrichten geht. Die Behauptung, ORF.at sei der einzige Garant gegen eine Flut von Fake News, hält Brandstötter daher für fragwürdig.

Zum Beweis für ihre Schlussfolgerung legt sie Zahlen vor: So seien 2021 laut ORF-Jahresbericht knapp 180.000 Meldungen auf ORF.at veröffentlicht worden, der Großteil davon in Form von Tickermeldungen. "Auf Nachrichten (inklusive Chronik und Lifestyle) entfielen 2021 knapp 45.000 Meldungen. Das ist etwa gleich viel wie 2020. Von diesen 45.000 Meldungen waren rund 40.000 – also fast 90 Prozent – Tickermeldungen, die restlichen Meldungen waren längere Beiträge", argumentiert Brandstötter. Dem stünden für 2021 rund 34.000 Wettermeldungen gegenüber, was einem Plus von fast 10.000 Meldungen gegenüber dem Jahr davor entsprechen würde.

14.000 Meldungen zu Sport

"Sportnachrichten umfassten 14.000 Meldungen und blieben konstant im Vergleich zu 2020", rechnet Brandstötter vor. "Vor dem Hintergrund dieser Mengenverteilungen und angesichts der Tatsache, dass Sport im Jahresbericht ausdrücklich als Traffic-Treiber erwähnt wird, wobei Sportnachrichten nur acht Prozent des gesamten Beitragsvolumens auf ORF.at ausmachen, kann man durchaus einige Rückschlüsse über die Zugriffsverteilung auf ORF.at ziehen", so die Neos-Mediensprecherin. Man könne "zum Beispiel vermuten, dass Menschen hier besonders gerne Sportnachrichten konsumieren. Ob das im Kampf gegen Fake News und Verschwörungstheorien so viel hilfreicher ist als die Onlineprodukte anderer Medienhäuser, kann diskutiert werden", sagt Brandstötter.

Nicht alleinige Bollwerk gegen Fake News

"Ich finde, dass es nicht gerechtfertigt ist, ORF.at als einziges Qualitätsmedium, alleiniges Bollwerk gegen Fake News und als Hort von Seriosität zu betrachten. Der Umkehrschluss wäre ja, dass alle österreichischen Printmedien und ihre Digitalausgaben Schund wären und nichts dazu beitragen, die Bürgerinnen und Bürger seriös zu informieren. Fakt ist: Die veröffentlichten Nutzungszahlen von ORF.at sind alles andere als tiefgründige, gut aufbereitete Information. Eine seriös gestaltete Offenlegung der Zahlen stünde dem ORF jedoch gut zu Gesicht."

Zuletzt attestierte die Neos-Politikerin dem ORF "unverhältnismäßige Marktmacht" und schlug vor, ORF.at abzuschaffen. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) und die Grünen verhandeln derzeit über Medienpolitik, Medienförderungen und ein neues ORF-Gesetz. Der ORF will unter anderem die Abschaffung der Sieben-Tage-Abrufregelung und die Genehmigung von "Online first"- und "Online only"-Inhalten. Brandstötter im "profil": "Wenn demnächst ein neues ORF-Gesetz viele neue Optionen eröffnet, unter anderem die Sieben-Tage-Beschränkung in der ORF-Mediathek fällt, dann müssen wir auch über die Blaue Seite reden. ARD und ZDF machen es vor: Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen ist es, audiovisuelle Angebote zur Verfügung zu stellen und zu bewerben, presseähnliche Produkte sind ihnen aus guten Gründen untersagt." (red, 16.8.2022)