In der Pandemie gab es etliche Speisen, die in den Social Media viral gingen und in Wien einen kleinen Hype auslösten: So zum Beispiel stellten sich jede Menge Menschen täglich beim Lokal Sura in der Singerstraße an, um einen Kor-Dog zu ergattern, ein im Teig gebackenes Würstel, garniert mit verschiedenen Saucen. Neben dem koreanischen Streetfood lockte auch der Kaiserschmarrn to go von Demel Wiener, Wienerinnen sowie Touristinnen und Touristen zum Schlangestehen an.

In dieselbe Kerbe schlägt der Fensterccino, auch bekannt unter Cornettoccino, des kleinen Fenster-Cafés in der Griechengasse 10 im ersten Wiener Bezirk. Dort hatte man schon vor der Pandemie die Idee, einen Cappuccino in einem innen mit Schokolade überzogenen Stanitzel zu servieren. Die kreative Idee ging während der ersten Corona-Lockdowns viral, auf Instagram gibt und gab es tausende Postings des Kaffees, und noch heute steht der Instagram-Hit auf der Karte des winzigen Cafés, das nur ein Fenster zur Ausgabe besitzt.

Jede Menge Preissteigerungen

Mit 5,50 Euro kostete die Spezialität ohnehin schon mehr als ein handelsüblicher Cappuccino in Wien, seit kurzem wurde der Preis auf 9,50 Euro fast verdoppelt. Schuld sei die Inflation, beantwortet Inhaber Oleksandr "Sasha" Iamkovyi kurz und knapp die Frage nach den Gründen für die enorme Preissteigerung. Neben den hohen Strom- und Gaspreisen sind die Miete fürs Lokal und der Preis für das Benzin für die Lieferanten gestiegen, ebenso seien die Milchpreise in die Höhe geschossen. Für den Stanitzelkaffee kommen noch Kosten für Getreide und Schokolade dazu. So komme der neue, hohe Preis der Kaffeespezialität zusammen. "Leider verstehen viele Menschen nicht, wieso Unternehmen manche Entscheidungen treffen."

Durchschnittlich ist der Preis aller Produkte in Iamkovyis Café um zehn Prozent gestiegen. "Stammgäste verstehen die Situation und versuchen, uns zu unterstützen. Die bestellen sogar den teuersten Kaffee bei uns." Dass er eine App anbietet, in der man auf jede Kaffeebestellung Rabatte bekommt, wollen viele – aufgrund der gestiegenen Preise verärgerte – Kundinnen und Kunden nicht annehmen. "Die Menschen wollen sich nur ärgern."

Kaffee für Touristinnen und Touristen

Eine Steigerung des Preises des Fensterccinos von knapp 72 Prozent scheint die Kaffeeliebhaberinnen und -liebhaber aber nicht wirklich abzuschrecken. Weniger Bestellungen des Social-Media-Hype-Getränks hat der Cafébesitzer nicht wahrgenommen, sondern eher das Gegenteil.

Bestellt werde der Kaffee von Leuten, die etwas neues ausprobieren wollten, sagt er, aber "natürlich ist die Anzahl von Touristen sehr hoch", weiß Iamkovyi über die Zielgruppe seiner Kaffeespezialität.

Um mehr als 70 Prozent ist der Preis des Fensterccinos gestiegen.
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Viele Probleme für Gastronomen

Doch nicht nur die Inflation bekommt Iamkovyi zu spüren. Er ärgert sich vor allem über die hohen Steuern und die Steuerpolitik. "Als ich als Einzelperson gearbeitet habe, war es mehr oder weniger okay. Jetzt haben wir bis zu elf Mitarbeiter, und fast alle sind Vollzeit angestellt. Die steuerlichen Ausgaben sind unfassbar hoch. Wir haben kaum Möglichkeiten, uns weiterzuentwickeln." Er sieht bei der Politik keinen Willen, die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Situation zu verbessern. Die Inflation tue zwar weh, sagt er, aber sie sei nur ein Symptom von diesen vielen ungelösten Problemen. (rec, 27.8.2022)