Martin Radjaby-Rasset, Wahlkampfleiter von Alexander Van der Bellen.

Foto: Wolfgang Zac

Martin Radjaby-Rasset gilt als einer der kreativsten Werber des Landes. Dabei ist er ein ziemlicher Rationalist. Wenn er eine Kampagne plant, fußt sie auf Meinungsforschung. Wenn er über seine Kampagnen spricht, redet er über Evidenz, Koordination und Zielgruppenanalysen. Am Dienstag wäre die dritte Welle seiner Kampagne für Alexander Van der Bellen gestartet – neue Plakate, neue Slogans, die Neuinszenierung des amtierenden Bundespräsidenten für die Stichwahl. Alles geplant, alles fertig.

Doch den dritten Teil dieser Kampagne, die deutlich Radjaby-Rassets Handschrift trägt, wird die Öffentlichkeit nie zu Gesicht bekommen. "Die wesentlichste Grundlage einer Kampagne ist eine Strategie", sagt der Wahlkampfleiter. Sie ging auf.

Radjaby-Rasset ist Wiener. Nach der Matura studiert er Medizin – wie seine Eltern. Der Vater war aus dem Iran fürs Studium nach Österreich gekommen und wurde Internist. Die Mutter arbeitete als Allgemeinärztin. Radjaby-Rasset selbst heuert als Student beim Ö3-Hörerservice an. Kurz vor Abschluss bricht er sein Studium ab. Bei Ö3 war man da längst auf ihn aufmerksam geworden.

Optimierer

Er denkt sich die Ö3-Wundertüte aus, eine Kleingeldspendeaktion. Mit 26 Jahren wird der heute 46-Jährige zum Abteilungsleiter. Für Ö3 arbeitet er schließlich zwölf Jahre lang, bis ihn 2011 der damalige grüne Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner in die Politik holt. Radjaby-Rasset wird Kommunikationschef und begleitet 18 Wahlkämpfe der Grünen; inszeniert die Partei poppiger und eingängiger. Er selbst habe die Grünen in seinem Leben zumeist gewählt, sagt er. Nicht immer.

Im Jahr 2015 wird Radjaby-Rasset Geschäftsführer der Werbeagentur Jung von Matt. Dann macht er die erste Präsidentschaftskampagne für Van der Bellen. Kurz darauf holt ihn Bankchef Andreas Treichl in die Erste Group, wo er die erfolgreiche "Glaub an dich"-Kampagne entwickelt. Inzwischen ist er selbstständig.

Radjaby-Rasset redet schnell und viel. Er sei ein Optimierer, sagt er selbst. "Er weiß sich gut zu verkaufen", sagt jemand, der mit ihm gearbeitet hat. Für Van der Bellen erfand er 2016 den "Heimat-Frame", der für den aktuellen Wahlkampf weiterentwickelt wurde. Die Kampagne 2022 habe sonst aber wenig mit der alten zu tun, ist Radjaby-Rasset überzeugt. Nach der Wahl freue er sich auf mehr Zeit mit der Familie. Und er müsse dringend wieder weniger Schokolade essen. (Katharina Mittelstaedt, 10.10.2022)