Die Wiener Künstlerin Violetta Ehnsperg wohnt in einer alten Schlosserei in Atzgersdorf und nutzt diese als Wohnung, Atelier und Party-Location. Auf dem Teppich haben schon viele ein Nickerchen gemacht.

"Manche sagen, dass dieser Raum etwas Arabisches, Orientalisches hat, was vielleicht auch an dem Wandteppich liegt, den ich gemacht habe und der nun über dem Diwan hängt. Aber für mich hat dieser Raum vor allem etwas luftig Leichtes, etwas Mediterranes.

Violetta Ehnsperg in ihrem Zuhause, in dem sie viel Platz zum Wohnen und Arbeiten hat.
Foto: Lisi Specht

Ich mag die Stimmung, es ist ein Raum, an dem man verweilen möchte, und nachdem ich ein sehr geselliger Mensch bin, habe ich oft Leute zu Besuch. Und dieser Raum hier lädt förmlich dazu ein, sich auf die Couch oder einfach auf den Boden zu setzen und sich’s so richtig bequem zu machen. Nach dem Essen haben hier schon etliche ein Nickerchen gemacht.

Erst letztes Wochenende habe ich, zum ersten Mal nach längerer Zeit, wieder ein Festl g’schmissen. Ich habe keine Nachbarn neben, unter oder über mir, es gibt niemanden, der sich aufregt, wenn es nach zehn Uhr abends laut wird, und so füllt sich diese Wohnung alle heiligen Zeiten mal mit vielen, vielen Menschen. Ich mache was zu essen, lege Musik auf, und dann wird gefeiert bis in die Morgenstunden. Und ganz ehrlich: Dieses Wohnatelier hat 470 Quadratmeter, da kann man nicht die ganze Zeit nur wohnen, da muss man feiern!

"Ich kann laut Musik hören und im Innenhof schweißen, ohne dass ich dabei irgendjemanden störe", sagt Violetta Ehnsperg über ihre Wohn- und Arbeitssituation.
Fotos: Lisi Specht

Davor hatte ich im dritten Bezirk gewohnt, in einer klassischen, bürgerlichen Altbauwohnung, aber irgendwann ist mir die gesellschaftliche Schablone auf den Kopf gefallen, ich wollte nicht mehr. Eigentlich hatte ich nach einem Atelier gesucht, aber dann bin ich online auf dieses Objekt hier gestoßen. Der Eigentümer hatte zwar die Idee, die Zimmer und Lagerräume einzeln zu vermieten, doch die Nachfrage hielt sich offenbar in Grenzen. Wir haben dann ein bisschen verhandelt, und so miete ich nun den gesamten ersten Stock.

Wir sind hier in Atzgersdorf im 23. Bezirk. Ich mag die Ruhe, die niedrige Bebauung rundherum, das Gefühl, etwas ab vom Schuss zu sein und trotzdem in Wien zu wohnen. An der Straße befindet sich ein niedriges Gründerzeithaus, im Innenhof stößt man dann auf einen recht schmucklosen Gewerbebau aus den Sechzigerjahren, in dem bis vor zehn Jahren die Schlosserei Zach untergebracht war. Das Z ist in der Zwischenzeit verschwunden, die drei Buchstaben Ach sind noch immer zu sehen. Ach, so ein tolles Haus!

Das Wohnzimmer nutzt Violetta Ehnsperg auch als Showroom.
Fotos: Lisi Specht

Mir gefällt diese Immobilie, weil ich hier einfach alle Freiheiten habe. Ich kann in allen Größen und Maßstäben arbeiten, ich mache Malerei, Skulptur und Installation, ich kann laut Musik hören und im Innenhof schweißen, ohne dass ich dabei irgendjemanden störe. Das lässt mir im Kopf alle Möglichkeiten zu, belastet mich nicht im Arbeiten, alles geht. Und auch mein siebenjähriger Sohn Nil hat hier genug Platz, um sich mit seinen Freunden auszutoben, ohne dass wir uns im Alltag in die Quere kommen.

Was die Möbel betrifft: Den Fauteuil, auf dem ich sitze, habe ich im Caritas-Lager Carla gefunden, die Flokati-Teppiche sorgen für eine flauschige Wärme, und das große Wohnzimmer nutze ich auch als Showroom – mit Skulpturen und großformatigen Installationen auf dem Boden, an der Wand und von der Decke hängend. Wenn eine Arbeit fertig ist, muss ich sie oft wochenlang anschauen, bis ich wirklich mit Sicherheit sagen kann, dass sie abgeschlossen ist. Außerdem können sich Kunstinteressierte, wenn ich sie nach Hause einlade, auf diese Weise ein Bild von meiner Arbeit machen.

Farbe spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben – und Vielfalt und Freiheit auch. Ich glaube, da brechen meine thailändischen Wurzeln durch. Das Leben ist zu kurz und zu schön, um auf einer einzigen Sache zu verharren. Ich will alles ausprobieren! Das Wohnen und Arbeiten an diesem Standort ist zeitlich begrenzt, denn eines Tages wird der Grundstückseigentümer das Areal verwerten und hier einen Neubau errichten. Ich denke, nach diesen 470 Quadratmetern werde ich mich wieder verkleinern. Meine nächste Wohnung wird eher klein und kompakt sein. Dafür werde ich das Geld dann ausgeben, um zu reisen und Fremdes kennenzulernen." (7.11.2022)