Warum liegt ein fertiger Gesetzestext für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses seit eineinhalb Jahren herum, ohne beschlossen zu werden? Er scheitert an der ÖVP: Maßgebliche Kräfte in der Partei wollen das von ihrer Verfassungsministerin mit dem grünen Koalitionspartner paktierte Informationsfreiheitsgesetz nicht. Gemeinden fürchten den Verwaltungsaufwand, wenn Bürgerinnen und Bürger wissen sollen, was ihr Staat tut. Das gilt zwar auch für rote Länder und Städte – doch die Koalition muss sich erst intern einig werden, bevor sie die Schuld auf Dritte schiebt.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).
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Man sollte meinen, dass die türkisen Kritiker zumindest Vorschläge machen, wie die aufgezeigten Probleme gelöst werden können. Offenbar passiert das aber nicht, sonst wäre das Gesetz ja längst adaptiert und beschlossen. In der ÖVP wird aber nur blockiert, nicht diskutiert. Zweifelsohne können ja vor allem kleine Gemeinden schnell von Anfragen überfordert sein. Lösungsansätze gibt es: Die Bundes-SPÖ schlägt vor, dass Bezirkshauptmannschaften in diesen Fällen aushelfen. NGOs schwebt eine eigene Servicestelle für Fragende und Befragte vor. Beides wird nicht aufgegriffen.

Lange können die Amtsgeheimnisbewahrer innerhalb der Volkspartei nicht mehr auf Gegenvorschläge verzichten. Sonst wirkt es, als wären ihre Einwände nur vorgeschoben. Und Transparenzverweigerung aus Prinzip ist im Jahr 2022 einfach nicht mehr vertretbar. (Sebastian Fellner, 9.11.2022)