Die Chefin der Universitätenkonferenz, Sabine Seidler, hat sich mit Bildungsminister Martin Polaschek auf einen Weg durch die Budgetkrise der Hochschulen geeinigt. Die Türen ihrer Technischen Universität Wien bleiben trotzdem ab 17. Dezember für ein Monat geschlossen.

Foto: Regine Hendrich

Um das Uni-Budget gab es in den vergangenen Wochen ein ordentliches Gezerre: Weil die Teuerung die Hochschulen besonders hart trifft, riefen erstmals die Rektorinnen und Rektoren selbst zum Protest auf und baten ihre Studierenden, sich zu solidarisieren. Von einer Budgetlücke in der Höhe von 1,2 Milliarden Euro in den Jahren 2023 und 2024 sprach die Chefin der Universitätenkonferenz (Zusammenschluss der 22 öffentlichen Unis in Österreich). Nicht belegt nannte diese Summe das Bildungsministerium. Und schoss für die beiden Jahre kleinere Summen zu: insgesamt 400 Millionen Euro für das kommende und noch einmal 250 Millionen Euro für das Jahr 2024. Den Rest, so hieß es aus dem Ministerium, müssten die Universitäten selbst einsparen.

Für die Unileitungen war das allerdings zu wenig. Die Technische Universität Wien kündigte eine spezielle Art des Sparens an: Von Mitte Dezember bis Mitte Jänner solle die Universität geschlossen bleiben, um die Energiekosten in diesen Wochen zu drücken – rund zwei Wochen müssten die Studierenden ins Distance-Learning.

Sparmaßnahmen und Kompensation

Doch nun haben sich die Universitäten und das Ministerium auf eine Art Mittelweg geeinigt, wie Uniko-Chefin Sabine Seidler und Bildungsminister Martin Polaschek verkündeten: auf einen "Kompensationsmechanismus", wie sie es bezeichnen. Und der sieht so aus: Für die Universitäten gibt es vorerst nicht mehr Geld. Im Jahr 2023 müssen sie selbst Sparmaßnahmen setzen und auch ihre Rücklagen zurückgreifen. Aufgrund der speziellen Situation kann, wenn nötig, "von einer ausgeglichenen Bilanzierung über die Leistungsvereinbarungs-Periode abgesehen werden".

Zur Erklärung: Die Universitäten verhandeln gemeinsam mit dem Ministerium in den sogenannten Leistungsvereinbarungen alle drei Jahre über ihr Budget. Zuletzt geschah das Ende 2021 – vor dem Krieg in der Ukraine und den damit einhergehenden Preissteigerungen. Die finanziellen Mittel, die die Hochschulen erhalten, sind jedoch an gewisse Ziele geknüpft, etwa Absolventinnenzahlen oder ein bestimmtes Betreuungsverhältnis. Erbringen die Universitäten ihre Leistungen nicht, wirkt sich das auf die Verhandlungen der kommenden Periode aus. Davon wird nun vonseiten des Bildungsministeriums abgesehen.

Die Rücklagen der Universitäten

Eine weitere Einigung: Nach Ablauf des ersten Quartals 2023 werden die jeweils aktuelle Budgetsituationen an den einzelnen Universitäten sowie der zusätzlichen Bedarf für 2024 evaluiert. Und: Das, was die Universitäten in diesen Jahren aus ihren Rücklagen ins aktuelle Budget einbringen müssen, wird im nächsten Budget zurückgezahlt – also in der Leistungsvereinbarungsperiode 2025 bis 2027. Dafür soll es laut Ministerium einen "Sockel" geben.

Die Rücklagen der Universitäten dienen der Risikovorsorge und sind zumeist für Bauprojekte, Infrastrukturmaßnahmen oder Personalanstellungen sichergestellt. Wie hoch die Rücklagen sind, ist höchst unterschiedlich. Ein paar Beispiele: Die größte Hochschule des Landes, die Uni Wien, weist in ihrem öffentlich zugänglichen Rechnungsabschluss 2021 rund 23 Millionen Euro an Rücklagen aus. Bei der Technischen Universität Wien sind es rund 32 Millionen. Und während die Wirtschafstuniversität Wien sogar 75 Millionen auf der Seite hat, sind es bei der Angewandten nur fünf Millionen.

An der Universität Wien gibt man sich zufrieden über die Einigung. Das Ergebnis bringe "für die Universitäten weitere Gestaltungsmöglichkeiten, um in der angespannten Budgetsituation handlungsfähig zu bleiben und keine Einsparungen in der Substanz vornehmen zu müssen". Sprich: Das Lehrveranstaltungsangebot muss nicht eingeschränkt, Personal nicht abgebaut werden, heißt es zum STANDARD. "Die Uni wird auf Rücklagen zugreifen müssen, soweit ist es klar. Die Höhe ist abhängig von Rahmenbedingungen, insbesondere der Entwicklung der Inflation und der Energiepreise, sowie dem Gehaltabschluss." Die Rücklagen seien zwar verfügbar, aber für "Standortprojekte zu einem größeren Teil gebunden".

TU schließt trotzdem

Trotz der Einigung zwischen Ministerium und Universitätenkonferenz bleibt die Technische Universität Wien bei ihrem Plan: 60 Prozent des Stromverbrauchs der Hochschule entstehen laut eigenen Angaben in den Labors und deren Infrastruktur. Durch die Entwicklungen auf dem Energiemarkt entstünden Mehrkosten von etwa 90 Millionen Euro. Die Schließung sei eine der Energiesparmaßnahmen, die gesetzt werden müssten. Ab Samstag, 17. Dezember, bleibt die Technische Universität Wien geschlossen, heißt es auf STANDARD-Anfrage. Die Studierenden sind allerdings aufgrund der Weihnachtsferien erst im Jänner von der Schließung tatsächlich betroffen. Vor allem trifft die Maßnahme Forschende, die in der vorlesungsfreien Zeit an ihren Projekten arbeiten.

Gespart wird auch an der Uni Wien: Im Energiebereich hat die Uni auf die Reduktion des Verbrauchs gesetzt, unter anderem eine "Switch-it-off-Kampagne" ins Leben gerufen. Außerdem wurde im Bereich der Beleuchtungen umgestellt. Dazu zählt laut Uni eine "Reduktion der Effektbeleuchtung und das Umrüsten auf energiesparende Beleuchtungskörper". Auch die Raumtemperaturen wurden gesenkt, geplant sei auch eine "systematische Verknüpfung zwischen Raumbuchungssystemen und der Energiesteuerung für Beheizung, Belüftung etc.".

Uni-Wien-Besetzer unzufrieden

Ein Hörsaal, der an der Uni Wien jedenfalls dauerhaft belegt ist: der C1 im Alten AKH. Zu wenig ist die Einigung der Unis mit dem Ministerium den Besetzerinnen und Besetzern von "Erde brennt", die seit bereits mehr als zwei Wochen den Hörsaal in ihrer Hand haben. Die Zusage "ändert nichts", sagt eine der Sprecherinnen, Amina Guggenbichler. Man werde weiter auf die 1,2 Milliarden Euro bestehen: "Es braucht ein höheres Budget für die Universitäten. Es herrschen weiterhin prekäre Arbeitsverhältnisse, und es gibt weiter befristete Dienstverträge." Der Hörsaal im Alten AKH bleibe also besetzt, man warte auf eine Einigung mit der Uni Wien, für kommende Woche sei bereits das Programm ausgearbeitet worden: "Wir werden nicht müde, die Besetzung dauert so lange, wie es notwendig ist", sagt Guggenbichler. (Oona Kroisleitner, 2.12.2022)