Man hatte sich so viel von ihm erwartet: Der marxistische Landschullehrer Pedro Castillo galt als Personifizierung der Abkehr vom bisherigen neoliberalen Wirtschaftssystem. Eine bessere Sozialpolitik hatte er versprochen, eine Entflechtung von Politik und organisierter Kriminalität, ein Gesundheitssystem, das den Namen verdient.

Die Performance des Quersteinsteigers als Präsident kann man bestenfalls als schwach bezeichnen. Seit der Wahl im Juli 2021 stand seine Regierung unter keinem guten Stern, wurde Castillo Korruption vorgeworfen. Etliche Ministerabgänge und zwei Amtsenthebungsverfahren später stellte sich der politisch unerfahrene Castillo vorige Woche selbst ein Bein, indem er einem Misstrauensvotum mit der verfassungswidrigen Auflösung des Kongresses zuvorkommen wollte.

Nachdem das Parlament Castillo seines Amtes enthoben hatte, gingen viele Peruaner auf die Straße.
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Das Parlament in Lima witterte einen Putschversuch und enthob ihn kurzerhand seines Amtes. Vizepräsidentin und Ex-Parteikollegin Dina Boluarte übernahm. Ein politisches Schmierentheater, das die leidgeprüften Peruaner wieder auf die Straßen trieb. Menschen starben. Boluarte zog die Notbremse und kündigte am Montag vorgezogene Neuwahlen an. Das mag in der verfahrenen Situation das Beste und Einzige sein, was sie tun konnte. Garant für eine Stabilisierung sind rasche Neuwahlen aber freilich noch lange nicht.

Die aktuellen Geschehnisse sind vor allem ein Symptom der Dauerkrise in Peru. Seit Jahren folgt ein Skandal auf den nächsten. Der bekannteste und prägendste war 2017 der Odebrecht-Skandal, als ans Licht kam, dass der brasilianische Baukonzern alle seit 2001 demokratisch gewählten Präsidenten bestochen hatte. Deutlicher trat die Symbiose zwischen organisierter Kriminalität und Politik nie zutage. Um dem Teufelskreis zu entkommen, müsste es bei Neuwahlen zu einer umfangreichen politischen Erneuerung kommen. Dass der Zerfall der Institutionen weitergeht, ist aber wahrscheinlicher. (Manuela Honsig-Erlenburg, 12.12.2022)