Das ist ein Foto von Franz Schnabl, seine Echtheit muss von der SPÖ erst bestätigt werden.

Foto: apa / helmut fohringer

Es ist nicht die beste Nachricht für die politische Kultur eines Landes, wenn die Frage "Meinen Sie das ernst?" oft gestellt werden muss. Am Dienstagabend war es aber wieder so weit: Da verschickte der niederösterreichische SPÖ-Chef Franz Schnabl die Einladung zu einer "persönlichen Erklärung". Das gilt als Code für einen Rücktritt.

Dass Spitzenkandidat Schnabl nicht zweieinhalb Wochen vor der Landtagswahl sein Amt niederlegen wird, war irgendwie klar – auch, weil die SPÖ auf Nachfrage zusicherte, die Pressekonferenz bedeute "nichts Schlimmes".

Ausgiebige Medienschelte

Bemerkenswert war Schnabls Auftritt dann aber doch. Dass die "persönliche Erklärung" ein Schmäh war, gestand er bald ein: Die Partei habe sich gefragt, wie sie die Sorgen der Menschen, die Herausforderungen für die Zukunft "in den Fokus der Berichterstattung bringen" könne. "Und ich glaube, die Anstrengung hat sich gelohnt." Es sei "traurig, aber das geht nur durch gezielte Provokation".

Schnabl setzte vor den hereingefallenen Journalistinnen und Journalisten zu einer Medienschelte an: über den ORF Niederösterreich und die "Niederösterreichischen Nachrichten" im Speziellen. Aber auch ganz allgemein: Wenn Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner eine auch noch so inhaltsleere Aussage tätige, stünde sie damit auf den ersten Seiten der Zeitungen. Die SPÖ hingegen komme mit ihren Themen kaum durch, beklagte der Landeshauptfrau-Stellvertreter. Etwa die Präsentation der SPÖ-Plakate Anfang der Woche: "Das hat die Medien gar nicht interessiert."

"Völlig absurder Spruch"

Ab hier wird es schwierig, was konventionelle Logik betrifft. Denn um das Desinteresse der Medien aufzuzeigen, versteckte man ein "Osterei" auf der Website der niederösterreichischen SPÖ, erklärt Schnabl: Ein Plakat, das es gar nicht gibt. "Übertrieben bearbeitet und mit einem völlig absurden Spruch", nämlich: "Der rote Hanni".

Über dieses Sujet, das die SPÖ veröffentlicht hat, das auch Schnabl selbst auf Twitter stellte, berichteten mehrere Medien – auch DER STANDARD. Aus Sicht der SPÖ sind die Medien und auch der politische Mitbewerb damit auf die rote "Satire" hineingefallen – weil das Sujet nur digital, aber nicht gedruckt auf Plakatständern veröffentlicht wurde. Die Existenz eines Sujets hängt für die druckaffine Partei offenbar davon ab, ob es zu Papier gebracht wird. Kein einziger Journalist habe sich erkundigt, ob das wirklich ernst gemeint ist, ärgerte sich Schnabl darüber, dass nicht mehr Medien die Echtheit sozialdemokratischer Kampagnen hinterfragen.

Also doch kein "roter Hanni"

Er sei "ganz sicher kein roter Hanni", sagte der Mann, der am Tag zuvor auf Twitter noch das Gegenteil behauptet hatte. "Ich stehe für eine andere Politik in diesem Land, ich bin der Franz Schnabl."

Weil die Aufmerksamkeit schon da war, wiederholte Schnabl sein Ziel, Landeshauptmann von Niederösterreich zu werden. "Weil steigende Lebensmittelpreise, steigende Energiekosten, explodierende Wohnkosten und ein Gesundheitssystem, das selbst längst Patient ist", die Menschen belasten würden. "Wir alle spüren, dass in diesem Land vieles nicht stimmt", sagte Schnabl.

Eher ein "roter Helga"

Die Finte mit der "persönlichen Erklärung", die dann doch keine ist, hat der niederösterreichische SPÖ-Chef übrigens nicht erfunden. Im Jahr 2018 verkündete seine grüne Kollegin Helga Krismer mit dem gleichen Gag, dass sie das Klimavolksbegehren starten wird. Franz Schnabl ist also vielleicht kein "roter Hanni" – aber seit Mittwoch jedenfalls ein "roter Helga". (Sebastian Fellner, 11.1.2023)