Zum Abschneiden der ÖVP bei der bevorstehenden Landtagswahl in Niederösterreich Ende Jänner solle man laut Nehammer erst nach Vorliegen des Wahlergebnisses Analysen treffen.

Foto: Screenshot / ORF

Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer betonte Mittwochabend in der "ZIB 2" im Gespräch mit Martin Thür die harte Arbeit, die man auf der unlängst abgehaltenen Regierungsklausur geleistet habe. Die dort vorgestellten Vorhaben seien essentiell, denn 2023 stünde für die Regierung ganz im Zeichen des Klimaschutzes. Man wolle die Abhängigkeit von fossiler Energie reduzieren und den Ausbau erneuerbarer Energie vorantreiben. Gleichzeitig wolle man die Wirtschaft bei der Transformation begleiten, damit diese wettbewerbsfähig bleibe. Dass viele der bei der Klausur präsentierten Vorhaben keine Neuerungen, sondern bereits bekannte Gesetzesentwürfe gewesen seien, sieht Nehammer anders. Wichtige Änderungen seien ausgearbeitet worden.

Verschobene Deadlines und Warten auf große Gesetze

Auf Thürs Frage, wo denn die im Regierungsprogramm versprochenen großen Gesetze bleiben würden, antwortet Nehammer mit einer Zahl: 1.066 Gesetze habe man bisher beschlossen und die Legislaturperiode dauere schließlich noch bis 2024. An Gesetzeswünschen der Medien orientiere man sich grundsätzlich nicht.

Dass Deadlines verschoben wurden, sei den Herausforderungen, denen man sich zuletzt gegenüber sah, geschuldet: "Wir hatten viele Dinge zu lösen, die nichts mit dem Regierungsprogramm zu tun hatten", betont er und meint damit Pandemie und Krieg. Die bedrohte Wirtschaft habe man durch schnelles Handeln stabilisiert. Außerdem habe man – entgegen der Prognosen – derzeit eine Rekordbeschäftigung im Land, betont er. Das sei das Resultat harter politischer Arbeit. "Ja, dadurch verschiebt sich das eine oder andere Gesetz".

Ebenso verteidigt der Bundeskanzler das Veto Österreichs zum Schengen-Beitritt Rumäniens: Denn "die Schengengrenze zu erweitern heißt, es muss der Außengrenzschutz funktionieren." Dieser funktioniere laut Nehammer derzeit nicht.

Evaluierung der Terrornacht und Aufarbeitung der Schmid-Vorwürfe

Angesprochen auf die Terrornacht vom 2. November 2020 und dessen Evaluierung verweist Nehammer auf den "schonungslosen Bericht", den man gemeinsam mit dem Justizministerium veröffentlicht habe. Außerdem habe man erstmals eine Neustrukturierung des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung geschafft, gerade sei man dabei, das damals erschütterte Vertrauen von internationalen Partnerorganisationen zurückzugewinnen. Weiters lobte er einmal mehr die Arbeit der Mitarbeiter der Sonderheiten Wega und Cobra in jener Nacht. Aus dieser "schrecklichen Nacht" Ableitungen für die weitere politische Arbeit zu ziehen, sei eine Herausforderung gewesen: "Es war einer meiner schlimmsten Momente, seit ich in der Politik bin."

Die ÖVP habe sich nach den Vorwürfen von Thomas Schmid durchaus selbst hinterfragt, sagt der Kanzler.
Foto: Screenshot / ORF

Im Zweifel für die Unschuld

Auf die Frage, warum es nach den Vorwürfen von Thomas Schmid keine ÖVP-interne Kommission zur Aufarbeitung gab, antwortet Nehammer: "Für die ÖVP ist klar, dass wir uns selbst auch hinterfragt haben: Was macht uns angreifbar, wo werden Vorwürfe erhoben." Im Vergleich zu anderen Parteien habe man außerdem einen Ethikrat, an dessen Empfehlung man sich hinsichtlich des Ausschlusses von Thomas Schmid gehalten habe.

Im Zusammenhang mit noch laufenden oder vormaligen Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker und ihr Umfeld sagt Nehammer: "Nur unabhängige und weisungsfreie Gerichte können Personen schuldig sprechen. Man müsse Menschen, die sagen, sie sind nicht schuld, ihre Unschuld auch zugestehen – so lange, bis ein Gericht das Gegenteil beweise.

"Lassen wir den Wahltag kommen"

Zu einer Einschätzung, ob die Vorkommnisse rund um die Bundespartei die Ergebnisse der Volkspartei bei der anstehenden Landtagswahl in Niederösterreich negativ beeinflussen könnten, ließ sich der Bundeskanzler nicht hinreißen. "Lassen wir den Wahltag kommen", sagt er. Analysen solle man erst nach dem Wahlergebnis treffen. (kir, 11.1.2023)