Hunderte Ärzte unterschreiben einen offenen Brief, fordern medizinische Behandlung für den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny. Nicht unbedingt Anhänger seiner politischen Bewegung, sondern Menschen, die ihren Beruf, ihren ärztlichen Eid ernst nehmen. "Ich habe es satt, Angst zu haben", sagt einer von ihnen.

Russische Ärzte fordern medizinische Behandlung für den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny.
Foto: imago images/ITAR-TASS/Anna Ustinova

Das Beispiel dieser mutigen Mediziner zeigt, dass die Menschen in Russland einerseits keine kriegslüsterne Masse und andererseits keine durch Schweigen mitschuldige Mehrheit sind, wie das oft im Westen gesehen und leider auch berichtet wird. Das Argument, etwa die von der Einberufung bedrohten Reservisten sollten gefälligst im Land bleiben und Putin bekämpfen, es ist dumm und zynisch.

Es gibt noch Zivilcourage in Russland, trotz aller Repression, trotz der Inhaftierung oder Vertreibung vieler Oppositioneller. Die Engagierten der in der Zwischenzeit verbotenen Organisation Memorial etwa. Sie machen weiter, mischen sich ein. Oder Initiativen, die für die Rechte behinderter Kinder eintreten – gegen den Widerstand der Behörden. Oder Schwule und Lesben, die gegen Diskriminierung kämpfen.

Diese Menschen brauchen unsere Solidarität und im Zweifel auch Asyl und eine Chance auf Existenz bei uns. Dann wird es weiter Menschen in Russland geben, die sich den Mund nicht verbieten lassen. Wie jene couragierten Ärzte. Und diese hatten sogar Erfolg. (Jo Angerer, 16.1.2023)