Die stillstehende Baustelle wird nun laufend kontrolliert.

Foto: Martin Putschögl

In der Scheydgasse 21–25 in Wien-Floridsdorf will die Volkshilfe Wien direkt beim Bahnhof Strebersdorf ab Anfang 2024 neue Schulungs- und Büroräume zur Miete beziehen. Das Erdgeschoß und drei Obergeschoße des Bürohauses sind bereits in die Höhe gewachsen. Der Haken: Rechtlich betrachtet dürfte das Haus noch gar nicht gebaut werden. Für den Bau fehlt nämlich die Baugenehmigung. Deshalb hat die Baupolizei die Einstellung der Baustelle bereits vor vier Monaten verfügt.

Bloß wurde seither offenbar weitergebaut, wie Anrainer berichten. Und das hat auch die Baupolizei bei einer Kontrolle diese Woche bemerkt. Daher hat sie die Baustelle abermals einstellen lassen, außerdem wurde in der Sache ein Strafantrag bei der MA 64 (Bau-, Energie-, Eisenbahn- und Luftfahrtrecht) gestellt, wobei bei Nichteinhaltung einer Baueinstellung ein erhöhter Strafrahmen von bis zu 100.000 Euro zur Anwendung kommt, wie bei der Baupolizei gegenüber dem STANDARD betont wird. Außerdem wird es Anzeigen gegen den Prüfingenieur bei der Kammer der Ziviltechnikerinnen geben.

Schulungsräume und Büros

Bei der Volkshilfe Wien wusste man von den Bröseln am Bau bis zur Anfrage des STANDARD nichts. "Dass wir nicht informiert wurden, ist ein Wahnsinn", sagt ein Sprecher. Die NGO ist schon seit elf Jahren auf dem Nachbargrundstück mit einem sozialökonomischen Betrieb eingemietet. Im neuen Bürohaus will man nun über die Stadt verteilte sozialökonomische Betriebe clustern und Schulungsräume sowie Büroflächen schaffen. Nun will man sich juristisch beraten lassen: "Wenn unser Einzug nicht, wie ausgemacht, bis Anfang 2024 gewährleistet ist, schauen wir, dass wir uns schadlos halten."

Der zuständige Prüfingenieur Christoph Hofbauer von "Plan hoch 3" begründet die unerlaubte Baufortführung im Gespräch mit dem STANDARD mit einem "Irrtum". Da sämtliche Unterschriften der Anrainerinnen und Anrainer vorlägen, sei man von einem vereinfachten Baubewilligungsverfahren nach Paragraf 70a der Wiener Bauordnung ausgegangen.

20 Baueinstellungen im Jahr

"Jetzt steht die Baustelle", betont Hofbauer, in den nächsten Tagen oder Wochen rechnet er aber mit dem Baubescheid. Wie es mit dem von der Baupolizei gestellten Strafantrag nun weitergeht, müsse man mit den Behörden klären.

Das Baubewilligungsverfahren ist laut Baupolizei tatsächlich schon weit fortgeschritten. Es gehe nun nur noch um Details des Energieausweises, also der Dämmeigenschaften nach außen. Insgesamt gibt es pro Jahr laut Baupolizei rund 20 Baueinstellungen wegen fehlender Baubewilligungen. Die Baustelle in der Scheydgasse 21–25 soll nun laufend kontrolliert werden, damit nicht weitergebaut wird. (Franziska Zoidl, 24.2.2023)