Nikolaus Kowall geht als dritter Kandidat ins Rennen um die SPÖ-Spitze.

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Nikolaus Kowall hat sich, zum allerersten Mal, einen Haarschnitt beim Friseur um 39 Euro geleistet, die speckige Lederjacke wich einem Sakko. Denn sonst, fürchtet er, sähen seine Auftritte gleich nach einer Protestperformance aus. Doch diesmal will Kowall nicht bloß kritisieren, sondern selbst in die erste Reihe treten.

Völlig ernst gemeint soll die Ankündigung sein, mit der Kowall dem roten Führungsstreit eine neue Wendung gab. Ohne Hausmacht im Rücken will der 40-jährige Bezirksfunktionär aus Wien-Alsergrund Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil Konkurrenz machen. Weil beide nicht dafür geeignet seien, die "rechte Welle" bei Wahlen zu stoppen.

Ein aussichtsloser Kandidat? Kowalls Vita birgt manche David-gegen-Goliath-Episode. Äußerte sich Rebellentum gegen den konservativen Mief im Gymnasium von Lilienfeld erst noch in gegen Schultafeln, Möbel und Scheiben gerichteter Zerstörungswut, fand Kowall als Schulsprecher allmählich konstruktivere Wege. Als Zugpferd der SP-nahen Aktion kritischer SchülerInnen avancierte er zum ersten roten AHS-Landesschulsprecher im schwarzen Niederösterreich.

Coup gegen das Glücksspiel

Als Wirtschaftsstudent in Wien gelandet, ließ ihn "der Zorn der Straße" gegen den "eigenen" Kanzler Alfred Gusenbauer mit Gleichgesinnten die Sektion 8 in der SPÖ gründen. Nicht bloß Ärger über gebrochene Wahlversprechen – kein Aus für Studiengebühren und Eurofighter – trieb die Gruppe an, sondern tiefgreifendes Unbehagen über Beliebigkeit und autoritäre Anwandlungen. Die SPÖ, so der Befund des Doktors der Volkswirtschaften damals, habe sich nicht von den "neoliberalen Mustern" der schwarz-blauen Vorgänger gelöst.

Ein Coup gelang mit jener Kampagne, die zum Aus des "kleinen Glücksspiels" in Wien führte. Gegen den Widerstand der rot geführten Landesregierung, die um Millioneneinnahmen bangte, fanden Kowall und Co auf dem Parteitag 2011 eine Mehrheit für ein Verbot der existenzvernichtenden Spielautomaten abseits der Kasinos.

Gepackt hat Kowall, der nach wissenschaftlichen Arbeitsjahren in Deutschland nun Internationale Makroökonomie an der Fachhochschule des BFI in Wien lehrt, die Genossen bei seiner damaligen Rede nicht nur mit moralischem Anspruch, sondern auch mit volkstümlichen Dialektpassagen – wofür langjähriges Faible für Austropop sicher kein Fehler war. Ob es nun abermals gelingen könnte, das Parteivolk zu gewinnen? Kowall sagt: "Es gibt Chancen." (Gerald John, 21.3.2023)