Einer der Dickköpfe, die – wie nun bekannt ist – ebenfalls giftig sind: der Bergdickkopf Pachycephala schlegelii.
Foto: Ian Shriner

Nicht nur giftige Schlangen und Spinnen gibt es: Auch Affen und Vögel können Giftstoffe entwickeln und damit Handgreiflichkeiten bitter bestrafen. Bekannt ist auf der Insel Neuguinea etwa der Zweifarbenpirol, dessen schwarze und orangefarbene Federn farblich an Gefahrensymbole erinnern. Jetzt wurden weitere Spezies gefunden, die sich mit toxischen Federn schmücken: Ein dänisches Forschungsteam fand heraus, dass mit dem Bergdickkopf und dem Oliv-Haubendickkopf nun zehn bekannte Vogelarten auf Neuguinea giftig sind.

Wie die Fachleute um Knud Jønsson von der Universität Kopenhagen im Fachjournal "Molecular Ecology" schreiben, wissen die indigenen Bewohnerinnen und Bewohner Neuguineas bereits seit Jahrhunderten, dass bestimmte Vögel ungenießbar sind. Das Fleisch ist weniger giftig als das Gefieder, brennt aber wohl ähnlich scharf wie Chili – eine Geschmackserfahrung, die die jagende Bevölkerung vermeidet, wie es in einer Aussendung der Uni Kopenhagen heißt.

Tödliches Nervengift

Man könne das Gift aber auch spüren, wenn man einen der Vögel in der Hand hält, erzählt Jønsson: "Es fühlt sich irgendwie unangenehm an, und es ist keine reizvolle Aussicht, ein Exemplar länger zu halten. Das könnte darauf hindeuten, dass das Gift ihnen als Abschreckung für diejenigen dient, die sie essen wollen."

Auch der Oliv-Haubendickkopf Aleadryas rufinucha sollte nicht zu lange in der Hand gehalten werden.
Foto: Universität Kopenhagen

Die Dickköpfe sind weniger toxisch als die südamerikanischen Pfeilgiftfrösche, die zu den giftigsten Tieren der Welt gehören – obwohl sie den gleichen Wirkstoff verwenden, nämlich das Nervengift Batrachotoxin. Schon zwei Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht des Opfers sind tödlich. Die Konzentration im Gefieder ist allerdings geringer als im Sekret der Frösche. Geringe Mengen führen zu einer Reizung, größere können Krämpfe verursachen und bis hin zum Tod führen.

Toxisches Essen

Auf molekularbiologischer Ebene sorgt der Stoff dafür, dass die Natriumkanäle in Skelettmuskeln permanent offen gehalten werden, wodurch sich der Muskel stark verkrampfen kann. Das Forschungsteam fand auch heraus, warum die beiden untersuchten Vögel selbst nicht an solchen Symptomen leiden: Sie haben wie andere giftige Vogelspezies Genmutationen, die das Aussehen der Zellen im Natriumkanal beeinflussen. Dadurch findet das Batrachotoxin keine Angriffsfläche, den Vögeln bleibt der Krampf erspart. So funktioniert übrigens auch der innere Schutz der Pfeilgiftfrösche: ein Beispiel für analoge oder konvergente Evolution, bei der sich in kaum verwandten Arten unabhängig voneinander eine vergleichbare Ausprägung entwickelt hat.

Erstautor Kasun Bodawatta hält zur Probenentnahme einen giftigen Vogel in der Hand.
Foto: Knud Jønsson

Der unangenehme Wirkstoff wird nicht von den Vögeln oder Fröschen selbst produziert. Sie ernähren sich unter anderem von giftigen Insekten und lagern das Gift in der Haut und schließlich in den Federn ab. Weil sie – ihrer DNA sei Dank – keine Nebenwirkungen zu befürchten haben, können sie gefahrlos giftige Käfer zu sich nehmen. Womöglich ist das Toxin in den Federn ihnen auch dabei nützlich, sich Parasiten vom Leib zu halten.

Wie Zwiebelschneiden

Mit dem Aufspüren weiterer giftiger Vogelarten hatte das Forschungsteam eigentlich nicht gerechnet. "Wir waren wirklich überrascht, dass diese Vögel giftig sind, da seit über zwei Jahrzehnten keine neue giftige Vogelart mehr entdeckt wurde", sagt Jønsson. "Vor allem weil diese beiden Vogelarten in diesem Teil der Welt so häufig sind."

Einer der bekanntesten Giftvögel, der ebenfalls auf Neuguinea lebt: der Zweifarbenpirol, auch als Pitohui bekannt.
Foto: Knud Jønsson

Die Arbeit im Regenwald war keine einfache. Als Erstautor Kasun Bodawatta von der Uni Kopenhagen Federproben eines anderen Giftvogels – des eingangs erwähnten Zweifarbenpirols – sammelte, saß er mit tränenden Augen und laufender Nase da. Sein Expeditionsleiter dachte, "ich sei traurig und wäre von der Reise angeschlagen", erinnert sich der Molekularökologe. "Ich würde sagen, es ist ein bisschen so, als würde man Zwiebeln schneiden – aber mit einem Nervengift." (sic, 8.4.2023)