Emmanuel Macron hat die Erhöhung des Pensionsalters in Frankreich von 62 auf 64 Jahre in einer TV-Rede an die Nation verteidigt. Sie sei notwendig, um die Altersvorsorge allgemein zu sichern – das heißt: auch jüngeren Generationen solide Pensionen zu gewährleisten. Er hat recht.

Verteidigte in einer TV-Ansprache die Pensionsreform: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
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Und dennoch ist es dem Präsidenten erneut misslungen, seine Landsleute auf seine Seite zu ziehen; sie davon zu überzeugen, dass die Reform dem Allgemeinwohl dient. Macron verströmte vielmehr das Gefühl, die Reform trete nur deshalb in Kraft, weil er, der Präsident, es so wolle. Alles in ihm sagte: Die Nation will zwar etwas anderes – aber in Frankreich regiert nicht das Volk, nicht das Parlament, sondern "le Président".

Doch aufgepasst: Schon beim legendären Charles de Gaulle, der sich die Präsidialverfassung 1958 auf den eigenen Leib geschneidert hatte, ging es zuletzt schief. Vom Wirbelwind des Mai 1968 verweht, musste der frühere Weltkriegsheld nur ein Jahr später den Hut nehmen.

Auch Macron hat nur noch die Verfassung auf seiner Seite. Ansonsten ist er allein in seinem Palast: ohne richtige Partei, ohne wichtige Minister. Seine TV-Rede, die so stark begonnen hatte, endete schließlich völlig realitätsfern: Während seit Monaten Millionen Menschen für ein sehr konkretes Anliegen demonstrieren, versprach Macron diffus "mehr Notfallbetten" und "weniger illegale Immigration". Macron ist als Präsident entwurzelt, jeder Windstoß kann ihm jetzt gefährlich werden. (Stefan Brändle, 18.4.2023)