Am letzten Freitag war Eid al-Fitr, das islamische Fest, das das Ende und zugleich den Höhepunkt des Fastenmonats Ramadan markiert. In einer Volksschule in der Wiener Leopoldstadt, in der die allermeisten Kinder muslimischen Glaubens sind, war an diesem Tag schulfrei. Und vielen Nichtmuslimen wurde erst dadurch wirklich bewusst, dass wir im Allgemeinen die Hochfeste der großen muslimischen Minderheit im Lande zu ignorieren gewohnt sind. Hier besteht Reformbedarf.

Die Hochfeste der muslimischen Minderheit werden hierzulande ignoriert.
Foto: Christian Fischer

Wir begehen mit großem Aufwand Ostern und Weihnachten, obwohl inzwischen der Mehrheit der Österreicher und Österreicherinnen der religiöse Inhalt dieser Feste nichts mehr bedeutet. Trotzdem ist das gut so – das christliche Erbe ist ein entscheidender Teil unserer Kultur, und die christlichen Feste gehören dazu. Auch wenn viele Kinder bei "Ostern" zuerst an den Osterhasen denken und bei "Weihnachten" an den Weihnachtsmann mit seinem Geschenksack.

Aber inzwischen leben hunderttausende Muslime in Österreich. Bei den Kindern ist es an vielen Orten mittlerweile die Mehrheit. Auch bei diesen ist der religiöse Glaube oft nicht vordringlich, aber man fühlt sich der eigenen Community zugehörig, und deren Feste sind wichtig.

Genau das halten viele Österreicher aber für schädlich. Die Leute sollen sich "integrieren", hört man oft, sie sollen ihre eigenen Wurzeln möglichst vergessen und sich die hiesigen Bräuche "anpassen". Antisemiten sind sie womöglich auch noch. Sie sollen in den Schulpausen Deutsch sprechen und, wenn sie schon auf ihre Moscheen nicht verzichten wollen, diese in verborgenen Kellerlokalen unterbringen. "Fremde" sollen nur ja nicht auffallen, scheint die Devise zu sein.

Respekt

Das galt früher auch für die Evangelischen, deren Gotteshäuser ebenfalls von außen nicht erkennbar sein durften. Ein Überrest dieser Diskriminierung lebt noch heute fort im Streit um den Karfreitag als gesetzlichen Feiertag. Der Karfreitag ist für Katholiken zwar auch ein wichtiger Tag, für die Protestanten aber der höchste Feiertag im Jahr.

Es wäre kein großes Problem, den Karfreitag gegen den Ostermontag auszutauschen, einen Tag, der für beide Konfessionen keine besondere Bedeutung hat. Und für die vielen Nichtgläubigen, denen es vor allem um ein verlängertes Osterwochenende geht, wäre ein solcher Tausch ebenfalls akzeptabel. Ob man von Freitag bis Sonntag frei hat oder von Samstag bis Montag wäre den Leuten egal. Bei all dem geht es um nichts weniger als um den gebotenen Respekt vor anderen Religionen und anderen Kulturen und generell um den Umgang mit Minderheiten. Die Österreicher würden sich nichts vergeben, wenn sie die Präsenz von Muslimen im Lande auch innerlich akzeptierten. Für die klein gewordene jüdische Gemeinschaft gilt das natürlich auch.

In einer Gesellschaft wie der unseren gehört es einfach zur Allgemeinbildung, dass man ein Mindestwissen über die religiösen Traditionen der wichtigsten Glaubensgemeinschaften hat, der christlichen wie der nichtchristlichen. Und es wäre schön, wenn man den andersgläubigen Mitbürgern ganz unbefangen und selbstverständlich "Schöne Feiertage" wünschen könnte. (Barbara Coudenhove-Kalergi, 27.4.2023)