Das Haus der Geschichte Österreich wurde nach jahrzehntelangem Ringen 2018 in der Neuen Burg auf dem Heldenplatz als Minimalvariante eingerichtet. Mittlerweile ist das Haus gut etabliert, doch es braucht mehr Platz. Die Regierung plant nun offenbar, es ins Museumsquartier zu verlegen. Das hätte Vor- und Nachteile. Eine Übersicht, welche Varianten für das Haus der Geschichte infrage kommen.

Bei einer Ausweitung des HdGÖ in der Neuen Burg müssten andere zurückstecken – das KHM weigert sich.
Foto: Klaus Pichler, HdGÖ

1. Ausweitung in der Neuen Burg

Gerade erst hat das Haus der Geschichte (HdGÖ) eine Neuerung umgesetzt: Der Ausstellungsbereich über Erinnerungskultur, also wie und woran hierzulande erinnert, wie aber auch verdrängt und geleugnet wird, wurde neu gestaltet. Eine multimediale Kunstinstallation – vier Ringe, auf denen unter anderem aktuelle Medienschlagzeilen zum Thema eingespielt werden – ist Teil davon. Geschichtsvermittlung mit modernsten Mitteln, das ist die Domäne von Direktorin Monika Sommer, die das Haus, das bisher nur aus drei Räumen mit gut 700 Quadratmeter Fläche besteht, seit seiner Eröffnung in der Neuen Burg 2018 leitet. 70.000 Besuchende verzeichnete es im vergangenen Jahr, davon waren ein Drittel Schulklassen und die Hälfte des übrigen Publikums international oder in Österreich lebende Nichtstaatsbürger.

Als Provisorium für das Republiksjubiläum 2018 eingerichtet, war von Anfang an klar, dass das HdGÖ mittel- bis langfristig mehr Platz brauchen würde. Ursprünglich hätten in dem imperialen Habsburg-Bau, wo man sich die Flächen mit der Nationalbibliothek, vor allem aber auch mit vier Sammlungen des Kunsthistorischen Museums teilen muss, 3000 Quadratmeter geschaffen werden sollen. Doch das KHM, insbesondere Freunde der Sammlung Alter Musikinstrumente, liefen Sturm gegen jede Veränderung. Die Hofjagd- und Rüstkammer – an sich bewahrenswert und witzig, aber auch ein Produkt austrofaschistischer Museumspolitik – blieb ebenso unangetastet wie die Antikensammlung aus Ephesos, die nach einer Absiedelung des HdGÖ ausgeweitet werden soll. Ein größeres HdGÖ in der Neuen Burg wäre möglich, es scheitert am Faible des Kunsthistorischen für imperiale Showrooms.

Vom "Anschluss" 1938 bis Fridays for Future – der Heldenplatz schreibt ständig Geschichte.
Foto: APA

2. Neubau auf dem Heldenplatz

Eine Machbarkeitsstudie von 2015, von Wissenschaftern und Expertinnen unter der Federführung von Zeithistoriker Oliver Rathkolb erarbeitet, sah für das HdGÖ nicht nur Flächen in der Neuen Burg vor, sondern auch eine museale Einbindung des angrenzenden Äußeren Burgtors (Heldentor). Der gesamte Heldenplatz sollte langfristig von Autos befreit, begrünt und aufgewertet werden. Das Projekt ergänzte zwischenzeitlich sogar der damalige Wissenschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) mit einer eigenen Idee für ein zusätzliches Haus der Zukunft – ein Neubau auf dem Heldenplatz. Geld spielte damals offenbar keine so große Rolle, da sich die Projekte am Ende auf über 100 Millionen Euro summierten. Wo ein Wille, da ein Weg, dachte man. Gekommen ist bis auf die Minivariante des HdGÖ letztlich nichts.

Stattdessen erhielt immer wieder die Idee eines Neubaus des Hauses der Geschichte auf dem Heldenplatz als zentraler Ort politischer und zivilgesellschaftlicher Aushandlungsprozesse Auftrieb. Der symbolträchtige Standort wäre gesichert, der Nachbarschaftsstreit in der Neuen Burg beigelegt, die Republik würde sich in das imperiale Hofburg-Ensemble mit einem starken Symbol architektonisch einschreiben. Stadtplaner favorisierten einen Standort am Rande des Platzes, aber auch der Ort der bald wieder entfernten Parlamentsausweichcontainer scheint attraktiv.

In der Pandemie entdeckten vor allem junge Menschen den Heldenplatz als eine Art zweites Museumsquartier für sich. Überzeugt werden müsste das Bundesdenkmalamt, denn der Platz steht unter Schutz. 30 bis 50 Millionen Euro wären realistisch, Geld, das man aktuell allerdings nicht aufwenden will.

Der Hof 2 des Museumsquartiers wird als möglicher Standort für das HdGÖ aktuell geprüft.
Foto: APA

3. Übersiedelung ins Museumsquartier

Als sogenanntes Kaiserforum hätte der Heldenplatz ursprünglich noch einen zweiten gespiegelten Flügel wie jenen der Neuen Burg erhalten und sich über den Maria-Theresien-Platz zwischen den Museen Kunst- und Naturhistorisches hindurch bis zu den damaligen Hofstallungen, dem heutigen Museumsquartier (MQ), erstrecken sollen. Das gigantomanische Projekt wurde nie vollendet, immer mehr aber wächst das Areal heute als Kultur- und Freizeitort zusammen. Es ist daher logisch, dass die grüne Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer nun daran denkt, das HdGÖ ein paar Hundert Meter Luftlinie hinüber ins MQ zu übersiedeln. Konkret ist an einen Dachausbau im Hof 2 gedacht, der sich allerdings auf Räume des Dschungel-Kindertheaters ausweiten könnte.

Zumindest 10,6 Millionen Euro aus einem Vergleich wegen des irrtümlich restituierten Klimt-Gemäldes Apfelbaum II stehen dafür zur Verfügung, die nutzbare Fläche ließe sich auf 2000 Quadratmeter für Dauer- und Sonderausstellungen im Vergleich zu jetzt verdoppeln. Stadt Wien und MQ-Verantwortliche freuen sich darauf, das KHM würde ebenfalls jubeln, doch der symbolische Ort Heldenplatz, für den Fachleute aus der historischen Zunft immer wieder geworben haben, wäre wohl auf lange Zeit Geschichte. Schwer abzuschätzen ist, ob der etwas versteckt gelegene Hof 2 des MQ die Sichtbarkeit des HdGÖ und den Publikumszulauf erhöhen würde; das Alma-Rosé-Plateau in der Neuen Burg, die derzeitige kleine Sonderausstellungsfläche direkt angrenzend an die Terrasse, auf der Hitler 1938 den "Anschluss" verkündete, sollte wohl als Außenstandort des HdGÖ erhalten bleiben – sonst gerät auch die dunkelste Stunde des Landes in Vergessenheit. (Stefan Weiss, 4.5.2023)